Tennis paradox: Petko und Co. top, aber zweitklassig

Stuttgart (dpa) - Bei einem gemeinsamen Abendessen haben sich Deutschlands Tennis-Damen nach der 2:3-Niederlage im Relegationsspiel des Fed Cups gegen Australien getröstet. Der Blick richtete sich mit der genesenen Andrea Petkovic trotz des Abstiegs in die Zweitklassigkeit schnell wieder nach vorne.

„Ich kann nur eine klare Kampfansage an jeden geben, der da kommt. Wir wollen direkt wieder aufsteigen“, sagte Teamchefin Barbara Rittner nach der großen Enttäuschung. Der Traum vom ersten Titel seit 20 Jahren platzte im „Stuttgarter Wohnzimmer“ zwar jäh, von ihrem großen Ziel abbringen soll er die hoffnungsvollste deutsche Filzball-Generation seit den Zeiten von Steffi Graf aber nicht. „Irgendwann werden wir den Titel gewinnen“, versprach Petkovic.

Auch das Comeback der deutschen Nummer eins nach langer Verletzungspause hatte den vierten Abstieg seit 2005 nicht verhindern können. Müde, niedergeschlagen und leer verließen Petko und Co. die Porsche-Arena, in der sie schnell wieder an die jüngsten Erfolge anknüpfen wollen. Beim hochklassig besetzten WTA-Turnier sollen dem Fed-Cup-Blues wieder ein Petko-Dance oder eine Görges-Gala folgen.

Es ist schon paradox. Da verfügt das deutsche Tennis nach Jahren der Tristesse endlich wieder über verheißungsvolle Spielerinnen, doch im traditionsreichen Mannschaftswettbewerb spielt das deutsche Team vorerst weiter nur eine Statistenrolle. „Es liegt definitiv nicht an der Qualität der Mädels, das haben sie bei unzähligen Turnieren bereits bewiesen“, sagte Rittner.

Bei der Auslosung für die Spiele der Weltgruppe 2 sind die DTB-Damen gesetzt. Als mögliche Gegner kommen Argentinien, Frankreich, Spanien und die Schweiz infrage. Die Auslosung findet am 6. Juni in Paris während der French Open statt. Die Partien werden am 9./10. Februar 2013 ausgetragen. Andrea Petkovic und Co. müssen zwei Begegnungen gewinnen, um in die Weltgruppe zurückzukehren.

Petkovic war 2011 die konstanteste Spielerin auf der Tour und stand bei drei Grand Slams im Viertelfinale, Görges schaffte mit dem Sieg in Stuttgart den Durchbruch in die erweiterte Weltspitze. Zudem zog Sabine Lisicki in Wimbledon ins Halbfinale ein, Angelique Kerber erreichte bei den US Open die Vorschlussrunde und triumphierte in diesem Jahr bereits in Paris und Kopenhagen. Unter den Top 20 herrscht fast schon eine deutsche Rudelbildung, vier Profis in diesem Kreis dokumentieren den Aufschwung. Hinzu kommt mit Mona Barthel ein weiteres großes Talent.

Was fehlt, ist eine Top-Ten-Spielerin wie sie Erstrundengegner Tschechien in Petra Kvitova und Australien in Samantha Stosur hatten. Und der Erfahrungsschatz, mit Drucksituationen umzugehen. „Auf den ganz großen Tennis-Bühnen standen wir ja noch nicht“, gestand Petkovic. Und auch Rittner musste eingestehen. „Vielleicht haben wir uns ein bisschen übernommen. Wir wollten den Titel so sehr und sind dabei vielleicht verkrampft.“

Auch für den Deutschen Tennis Bund bedeutet der Abstieg seiner Vorzeigemädels einen herben Rückschlag. Seit fünf Monaten ist das neue Präsidium um Karl-Georg Altenburg im Amt, doch vom propagierten Aufschwung ist noch nicht viel zu spüren. Vielmehr bestimmten in der Woche von Stuttgart erneut Negativschlagzeilen das Bild.

Dass Altenburg und Co. den Deal mit dem Automobilhersteller Porsche für sich verbuchten, obwohl Rittner das lukrative Geschäft eingefädelt hatte, sorgte ebenso für Kopfschütteln wie das erneute Chaos bei den chronisch erfolglosen Herren. Die Demontage von Teamchef Patrik Kühnen mit Blick auf den World Team Cup wirkt wie ein peinliches Kasperletheater. Auch die DTB-Bosse haben daher ein erhöhtes Interesse daran, dass Petko und Co. schnell wieder in die Spur finden. Am besten schon beim Turnier in Stuttgart.

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