Stunk nach Pleite - Haas sauer auf Kohlschreiber

Bamberg (dpa) - Nachdem sein „Kindheitstraum“ vom Davis-Cup-Sieg wieder einmal frühzeitig geplatzt war, entlud sich bei Tommy Haas der Frust. Ziel seines Zorns: Teamkollege Philipp Kohlschreiber, der bei der klaren 1:4-Pleite gegen Argentinien wegen eines Magen-Darm-Virus gefehlt hatte.

„Dass er nicht mal gekommen ist, finde ich sehr schade“, grollte Haas mit grimmigem Blick in Bamberg. Auch 24 Stunden später hatten sich die Wogen noch nicht geglättet. Boris Becker rechnet gar damit, dass der Zoff das Team noch länger beschäftigen wird. „Das wird nicht so spurlos vorübergehen“, erklärte der Altstar bei „bild.de“. Dass Kohlschreiber am Wochenende keinerlei Kontakt zu den Kollegen gehabt habe, sei „nicht gerade mannschaftsförderlich“, betonte Becker nach einem Treffen mit Haas.

Wie richtig der dreimalige Wimbledonsieger damit lag, zeigte sich bei der Abschlusspressekonferenz. Keiner wollte Partei für Kohlschreiber ergreifen. Aufgewacht mit einem „emotionalen Kater“ erklärte auch Kapitän Patrik Kühnen, bald mit dem Augsburger sprechen zu wollen: „Es ist doch verwunderlich, dass er die Absage schon am Mittwoch gemacht hat und jetzt nächste Woche in Rotterdam startet.“ Philipp Petzschner, der für Rotterdam ebenfalls gemeldet hat, kündigte für den Fall eines Treffens mit Kohlschreiber an: „Ich werde ihn jetzt nicht verfluchen, aber ihn auch nicht umarmen.“

Die schwarze Schildmütze tief ins Gesicht gezogen war Haas am Samstag anzusehen, wie sehr ihn die Erstrunden-Niederlage wurmte. „Es ist klar, dass das wehtut“, gab der Team-Senior frustriert zu. Insgeheim habe er nach der Auslosung vor sich „hingeträumt“, dass in dieser Saison richtig viel möglich sein könnte. Doch weit gefehlt. Abstiegsduell statt Viertelfinale hieß es stattdessen schon vor Mayers 5:7, 5:7 am Sonntag gegen Juan Ignacio Chela und dem Ehrenpunkt durch Debütant Cedrik-Marcel Stebe, der Eduardo Schwank im finalen Einzel mit 7:6 (7:1), 7:5 bezwang.

Und so ist es gut möglich, dass das misslungene Heimspiel in Oberfranken Haas' letzter Davis-Cup-Auftritt war. Ob er vom 14. bis 16. September mithelfen wird, den Sturz in die Zweitklassigkeit abzuwenden, vermochte der langjährige Team-Leader nicht zu sagen: „Bis dahin ist noch lange hin.“ Ausschließen wollte Haas seinen Einsatz im Relegationsmatch aber auch nicht. Vielleicht gebe es ja noch mal das eine oder andere Spiel im Davis Cup, sagte der bald 34-Jährige und ließ sich damit alle Optionen offen.

An Kühnens 46. Geburtstag gelang es dem einstigen Weltranglisten-Zweiten mit Doppelpartner Petzschner nicht, für die Trendwende zu sorgen. Trotz 2:0-Satzführung unterlag das Duo dem argentinischen Doppel David Nalbandian/Schwank mit 6:3, 6:4, 4:6, 3:6, 4:6. Die Magnum-Flasche Sekt, die Kühnen vom Veranstalter bekommen hatte, blieb ungeöffnet. Stattdessen feierten die Gauchos eine Fiesta in „Freak City“. „Argentinien steht nicht ohne Grund an Nummer drei der Weltrangliste“, bilanzierte Kühnen.

Es fiel auf, dass sich der dreimalige Davis-Cup-Gewinner nach Haas' Kritik an Kohlschreiber nicht energisch darum bemühte, den Eindruck atmosphärischer Störungen zu zerstreuen. Im Gegenteil, auch Kühnen machte deutlich, dass ihm Kohlschreibers Fernbleiben missfiel: „Wir alle hätten uns gewünscht, wenn er er geschafft hätte, uns wenigstens einen Tag zu unterstützen.“ Der neue DTB-Vizepräsident Carl-Uwe-Steeb wollte zunächst keine Partei ergreifen: Falls der Augsburger Kohlschreiber gesund sei, „hat Tommy recht. Ist er ernsthaft krank, nicht“, sagte Steeb.

So oder so - es drängte sich der Eindruck auf, dass es im Team nicht hundertprozentig stimmt. Während sich die argentinischen Spieler gestenreich und lautstark anfeuerten, herrschte in der DTB-Box trotz des tollen Bamberger Publikums wenig Betriebsamkeit. Immerhin harmonierte das Doppel Petzschner/Haas - auch abseits des Platzes. „Ich bin tierisch froh, dass Tommy wieder da ist“, sagte Petzscher. Sollte er in der Doppel-Weltrangliste unter die Top Ten vorstoßen und sich damit für Olympia in Wimbledon qualifizieren, sei „Tommy erste Wahl“ als Partner, kündigte der Bayreuther an.

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