Serben im Tennis-Rausch: „Champions des Planeten“

Belgrad (dpa) - Die Hauptstadt im Ausnahmezustand, Hupkonzerte bis ins Morgengrauen und landesweite Lobeshymnen - ganz Serbien versank nach dem historischen Davis Cup-Triumph im Feierrausch.

„Die Champions des Planeten“ titelte die Zeitung „Sport“ nach Serbiens 3:2-Premierensieg im Finale gegen Frankreich. Selbst Stunden nach dem Tennis-Coup in der Belgrad-Arena stießen sich der Weltranglisten-Dritte Novak Djokovic und Serbiens neuer Volksheld Viktor Troicki noch ungläubig an. „Wahnsinn, absoluter Wahnsinn. Zwickt mich, ist das wahr?“, stammelte Troicki, der beim 6:2, 6:2, 6:3 gegen Michael Llodra den entscheidenden dritten Punkt geholt hatte.

Tausende verwandelten die Belgrader Innenstadt bis in den frühen Morgen in eine Partymeile. „Ein Irrenhaus“, beschrieb die Zeitung „Kurir“. Djokovic sprach vom „besten Moment“ seiner Karriere.

Wie in Trance erlebten die vier Glatzköpfe Djokovic, Troicki, Janko Tipsarevic und Nenad Zimonjic den allgemeinen Jubeltaumel. Noch auf dem Platz ließen sich Serbiens Tennisstars die Haare abrasieren, am 6. Dezember wurden sie auf dem Balkon des Belgrader Rathauses den Fans präsentiert. Team-Berater Niki Pilic wurde als Vater des Erfolgs gefeiert, und der 71-Jährige versteckte seine Genugtuung nicht. Als Erster hat der Trainer-Guru drei verschiedene Länder zum Sieg im wichtigsten Mannschafts-Wettbewerb geführt. Dreimal hatte er die Trophäe mit Deutschland geholt, einmal mit Kroatien.

„Ich bin sehr glücklich. Meine Spieler und der serbische Verband verdienen diesen Erfolg. Als ich 2007 hier anfing, habe ich gesagt, ich komme nicht, um in der ersten Runde auszuscheiden“, kommentierte Pilic, ebenfalls mit frisch geschorenem Kahlkopf.

Die Berater-Tätigkeit des gebürtigen Kroaten für den serbischen Verband war nicht ohne Brisanz. „Vielleicht habe ich organisatorisch nicht so viel geleistet, aber vielleicht haben meine Präsenz und meine Autorität trotzdem ein bisschen zum Sieg beitragen“, meinte Pilic, der die Serben aus der Zweitklassigkeit zum Titel geführt hat, „man muss den Spielern immer klar machen, was es bedeutet, für sein Land zu spielen. Im Davis Cup werden Helden geboren.“

Die Erfolgsstory von Troicki untermauert diese These. Seit 2006 erst Profi, düpierte er Llodra und sicherte seinem Team nach Siegen über die USA, Kroatien und die Tschechen erstmals den Titel. Serbiens Kapitän Bogdan Obradovic adelte den 24-Jährigen prompt: Ein neuer roter Stern sei geboren worden. „Ich bin kein Held“, wehrte Troicki ab, „wir haben alle geglaubt, dass wir es schaffen können, und wir haben es zusammen geschafft.“

Erst nachdem Djokovic durch das 6:2, 6:2, 6:4 gegen Gaël Monfils zum 2:2 ausgeglichen hatte, erfuhr Troicki, dass jetzt alles an ihm hänge. „Ganz ehrlich, mein Kopf war voller Gedanken und Emotionen“, erzählte der Weltranglisten-30., „als Kind habe ich schon einmal davon geträumt, irgendwann solch ein wichtiges Spiel für mein Land bestreiten zu dürfen.“

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