Petkovic kämpft in Australien gegen ihre Erinnerungen

Melbourne (dpa) - An die Australian Open hat Andrea Petkovic „verquere Erinnerungen“, wie sie es formuliert. 2008 zog sich Deutschlands zweitbeste Tennisspielerin hier einen Kreuzbandriss zu, 2012 und 2013 musste sie verletzt zuschauen.

Petkovic kämpft in Australien gegen ihre Erinnerungen
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Nun bekämpft sie mal wieder ihre Dämonen.

Die Hisense-Arena will Andrea Petkovic am liebsten gar nicht mehr betreten. Als Deutschlands zweitbeste Tennisspielerin vor dem Auftakt der Australian Open von Shootingstar Simona Halep gefragt wurde, ob sie nicht um 12 Uhr mittags eine gemeinsame Trainingseinheit im zweitgrößten Stadion des Melbourne Parks absolvieren wollten, lehnte Petkovic dankend ab. „Ich habe dann um neun mit Radwanska woanders gespielt. Da stehe ich lieber früher auf als freiwillig da zu trainieren“, sagte die 27 Jahre alte Hessin am Sonntag nach ihrer einstündigen Übungseinheit auf Außenplatz elf.

Als die Hisense-Arena im Jahr 2008 noch Vodafone-Arena hieß, stand Petkovic in ihrem Erstrunden-Match gegen die Russin Anna Tschakwetadse keine drei Minuten auf dem Platz, ehe sie nach einem Vorhandschlag plötzlich zu Boden sank und nicht mehr weiterspielen konnte. Mit einem Kreuzbandriss fiel sie ein halbes Jahr aus.

Auch in den Folgejahren machte das Verletzungs-Schicksal der ehrgeizigen Darmstädterin Down Under immer wieder zu schaffen. 2012 verhinderten eine Rückenverletzung und 2013 ein Meniskuseinriss den Start beim ersten Grand-Slam-Turnier der Saison. „Ich habe ja sehr verquere Erinnerungen an diesen Ort. Das kriege ich auch nicht mehr aus meinem Kopf“, bekannte Petkovic vor ihrer Auftakt-Partie gegen Madison Brengle aus den USA offenherzig.

Sie habe es mit einem Mentaltrainer probiert, mit einem Psychologen - es half nichts. „Ich habe hier mit meinen Dämonen zu kämpfen. Das ist alles unterbewusst ein bisschen da. Das ist nun mal ein spezieller Ort für mich, das muss ich akzeptieren und vielleicht auch gar nicht bekämpfen“, sagte die ehemalige Top-Ten-Spielerin. „Wenn ich hier an bestimmten Plätzen vorbeilaufe, denke ich: Oh, da war das oder das.“

Auch beim WTA-Turnier in Sydney will sie 2016 nicht mehr antreten. Aber nicht, weil sie dort in diesem Jahr ebenso wie in Brisbane zuvor bereits in der ersten Runde scheiterte und damit ohne Sieg und mit wenig Matchpraxis in die Australian Open geht. Sondern, weil sich vor sieben Jahren die Knieverletzung schon dort angebahnt hatte.

„Es ist natürlich nicht so einfach zu akzeptieren, mit zwei Niederlagen in die Saison zu starten. Jede will mit einem Boom anfangen“, sagte Petkovic und gab zu: „Ich mache mir am Anfang des Jahres auch extrem Druck und war ziemlich verunsichert.“

Als beim Training mit der Ukrainerin Jelena Switolina ein einfacher Ball im Aus landete, malträtierte sie den blauen Betonboden mit ihrem Schläger. Den nächsten Ball schickte sie dann unerreichbar für ihre Gegnerin in die andere Ecke des Platzes, was von Bundestrainerin Barbara Rittner mit einem lauten „Bravo, super“ und von Trainervater Zoran mit einem wohlwollenden Kopfnicken quittiert wurde.

Wohl kaum eine andere Spielerin grübelt so viel und hinterfragt so viel wie die eloquente Einser-Abiturientin. „Wer Petko kennt, weiß, dass sie das nicht ruhiger macht“, sagte Rittner über die beiden Niederlagen in Brisbane und Sydney. Doch als Petkovic nach ihrer Erstrunden-Gegnerin Brengle gefragt wurde, die es beim Vorbereitungsturnier in Hobart bis ins Endspiel schaffte, sagte sie: „Es ist ein ziemlich schwieriges Los. Sie ist sehr gut in Form und hat viel Selbstbewusstsein. Aber wenn ich mich auf mich selbst konzentriere, habe ich eine gute Chance zu gewinnen.“ Das Match wird mit ziemlicher Sicherheit nicht in der Hisense-Arena gespielt.

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