Federer schon gescheitert - Görges im Achtelfinale

Melbourne (dpa) - Das unerwartet frühe Australian-Open-Scheitern von Roger Federer bekam Deutschlands letzte verbliebene Tennis-Hoffnung Julia Görges zunächst gar nicht mit.

Wenige Minuten nachdem der Italiener Andreas Seppi den 17-maligen Grand-Slam-Champion aus der Schweiz mit 6:4, 7:6 (7:5), 4:6, 7:6 (7:5) aus dem Turnier verabschiedet hatte, gaben sich Görges' Physiotherapeut Damian und seine Verlobte in einem Hotel in Melbourne das Ja-Wort.

„Er heiratet heute Abend um sechs, da geht es rund“, hatte die 26-Jährige aus Bad Oldesloe am Vormittag nach ihrem 7:6 (8:6), 7:5 gegen die tschechische Qualifikantin Lucie Hradecka gescherzt. Lange sah man die einstige Nummer 15 der Welt nicht mehr so fröhlich-heiter. Nach schier endlos scheinenden Monaten mit Erstrunden-Niederlagen und Verletzungs-Rückschlägen hat es Görges als einzige von anfangs neun deutschen Damen ins Achtelfinale geschafft.

„Vom Weg, den ich zurücklegen musste und der Art und Weise, wie ich es geschafft habe, hat das jetzt schon eine andere Bedeutung“, sagte Görges über ihr drittes Melbourne-Achtelfinale nach 2012 und 2013. Im Kampf um den Einzug in ihr erstes Grand-Slam-Viertelfinale überhaupt trifft sie am Sonntag auf die an Nummer zehn gesetzte Russin Jekaterina Makarowa. „Ich muss mein bestes Tennis spielen, um sie zu schlagen. Aber ich kann aus meinen drei Siegen großes Selbstvertrauen mitnehmen und bin spielerisch in der Lage, sie zu schlagen. Dann werden wir sehen, was dabei rauskommt“, sagte Görges selbstbewusst.

Für ihre norddeutsche Teamkollegin Carina Witthöft dagegen ist das Australian-Open-Abenteuer beendet. Die 19 Jahre alte Hamburgerin verpasste eine weitere Überraschung und schied nach einer 4:6, 4:6-Niederlage gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu aus. „Ich bin im Moment enttäuscht, aber insgesamt muss ich das Positive sehen“, sagte Witthöft, die erstmals bei einem der vier wichtigsten Turniere ohne den Umweg über die Qualifikation im Hauptfeld stand und mit ihren unbekümmert-frechen Auftritten bis in die dritte Runde vordrang.

Für den langjährigen Branchenführer Federer wiederum war das Aus in der dritten Runde ein weiterer Rückschlag im Kampf um seine 18. Grand-Slam-Krone. „Ich habe schon gestern und heute Morgen gespürt, dass es nicht einfach werden würde. Ich konnte irgendwie nicht mein bestes Tennis spielen“, sagte der 33 Jahre alte Schweizer.

Seit 2004 stand Federer bei den Australian Open jedes Mal mindestens im Halbfinale. In der dritten Runde scheiterte er zuletzt 2001 am Franzosen Arnaud Clément. Und dann kam da dieser 1,90 Meter große Südtiroler, in dessen sportlicher Vita bislang die drei Turniersiege in Moskau, Belgrad und Eastbourne verzeichnet sind und der bei einem Grand-Slam-Turnier noch nie über das Achtelfinale hinauskam. Der aber über sich hinauswuchs und nach knapp drei Stunden triumphierte.

„Das ist der größte Erfolg meiner Karriere“, sagte der Weltranglisten-46. nach dem ersten Sieg im elften Duell mit Federer. Seit seinem Wimbledon-Triumph 2012 wartet der doppelte Zwillingspapa nun schon auf einen Titel bei einem der vier wichtigsten Turniere.

Nach der Auslosung wurde eigentlich nur über den schweren Weg zu einem fünften Melbourne-Sieg nach 2004, 2006, 2007 und 2010 debattiert mit den Stationen Andy Murray im Viertelfinale, Rafael Nadal im Halbfinale und Novak Djokovic im Endspiel.

Doch gegen Seppi spielte Federer unkonzentriert, ungewohnt fahrig und machte 55 einfache Fehler. „Natürlich ist es kein gutes Gefühl, aber ich würde da nicht so viel reininterpretieren. Ich habe nicht schockierend schlecht gespielt. Aber es war halt ein schlechter Tag.“

Keinen so guten Tag hatte auch Federers langjähriger Dauerrivale Rafael Nadal bei seinem schwer erkämpften Fünfsatz-Sieg gegen den amerikanischen Qualifikanten Tim Smyczek erwischt. Gesundheitlich angeschlagen stand der an Nummer drei gesetzte Spanier kurz vor der Aufgabe, biss sich aber durch. Zwei Tage später, nur wenige Stunden nach dem Federer-Aus, ließ er jedoch bei seinem Achtelfinal-Einzug Dudi Sela aus Israel beim 6:1, 6:0, 7:5-Erfolg keine Chance.

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