Djokovic krönt sich zum Champion der Champions

London (dpa) - Der weiße Pudel Pierre hat sein Herrchen Novak Djokovic in der Londoner O2-Arena täglich aufgewärmt. „Nun braucht auch Pierre eine Verschnaufpause“, witzelte der Serbe und freute sich auf „zweieinhalb Wochen an einem tropischen, wunderschönen Ort - ohne Racket!

Dabei schimmerte mal wieder der alte Tennis-Clown durch - so voller Adrenalin war der „Djoker“ nach seinem 7:6 (8:6), 7:5-Sieg gegen Roger Federer im Endspiel der ATP World Tour Finals in London. Damit belehrte er alle Zweifler: Nur er ist der Champion der Champions und zu Recht der Weltranglistenerste am Jahresende.

Im gefühlsbeladenen Moment des Triumphes wurde der 25-Jährige auch sehr ernst und widmete seinen sechsten Titel des Jahres seinem schwer kranken Vater Srdjan: „Ich habe das für ihn gewonnen. Mein Vater hatte seinen eigenen Kampf. Es hing in den letzten Wochen am seidenen Faden, aber es geht ihm nun viel besser.“ Das Jahr des Kämpfertypen aus Belgrad war eines der privaten Schicksalsschläge. Im April hatte er seinen geliebten Großvater Vladimir verloren. „Ich habe an zwei Fronten gekämpft“, sagte der Familienmensch.

Auch in seinem Tennisjahr erlebte er einige bittere Rückschläge - zum Beispiel blieb der so stolze Träger der serbischen Flagge bei Olympia ohne Medaille. Aber wie hätte er die Fabel-Saison 2011 mit den zehn Turniersiegen (darunter drei Grand-Slam-Titel) auch toppen sollen? Der Herrentennis-Zirkus war vielleicht nie spannender und hochklassiger als in dieser Saison, geprägt von den Fab Four: Die vier Grand-Slam-Titel teilten Djokovic (Australian Open), Rafael Nadal (French Open), Federer (Wimbledon) und Andy Murray (US Open) untereinander auf und gewannen 14 der 15 wichtigsten Saisontitel.

Aber die gefühlte Nummer eins 2012? Das war bis dato nicht Djokovic. Eher „King Roger“, der seinen siebten Wimbledonsieg feierte und auch nach 17 Grand-Slam-Titeln und 302 Wochen an der Spitze der Weltrangliste mit 31 Jahren keine Spur von Müdigkeit zeigt. Oder der britische Olympiasieger und Ivan-Lendl-Lehrling Murray mit seinem „meilenweit besten Karrierejahr“, wie er es selbst nennt.

Djokovic war dafür der konstanteste Punktesammler und an den meisten dramatischen, einprägsamen Matches beteiligt: Da war das epische 5:53-Stunden-Finale von Melbourne gegen Nadal, das Zwei-Tages-Endspiel von Roland Garros gegen Nadal, dann der US-Open-Thriller gegen Murray und erneut gegen den Schotten ein Sieg beim längsten Masters-Finalmatch der Geschichte in Schanghai.

Aber am Ende beschloss er das Jahr wie er es in Australien damals mit dem denkwürdigen Zerrissenen-Hemd-Jubel begonnen hatte: als Triumphator. In dem Showdown mit abermals Nägelknabber-Garantie rang er Federer nieder. In beiden Sätzen lag der Mann mit dem gefürchteten Big-Point-Tennis mit Break zurück und wehrte im zweiten Durchgang zwei Satzbälle ab. Federer befand anerkennend, dass er nicht besser hätte spielen können. Auch er nannte seine Saison „fantastisch“. Ob ihn irgendwelche Niederlagen 2012 wurmen? Ja, das Heim-Endspiel in Basel und das Finale in Halle gegen Tommy Haas.

Djokovic dachte auch an den, der in London fehlte: Nadal. Der Spanier hofft nach seiner schweren Knieverletzung auf ein baldiges Comeback. „Das Tennis vermisst Rafa“, sagte der Wahl-Monegasse und wünschte sich weitere irre Duelle der Fab Four 2013. Aber erst will er bei tropischem Flair seine „Batterien wieder aufladen“.

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