Schwimmen: Biedermann fordert Phelps heraus

Der Weltmeister aus Halle an der Saale hat keine Angst vor dem übermächtigen Megastar aus den USA. 300 Meter lang war Biedermann langsamer als bei seinem Europarekord des Vorlaufes, doch auf der Schlussbahn ließ er die Konkurrenz um 1500-Meter-Olympiasieger Oussama Mellouli aus Tunesien förmlich stehen.

Düsseldorf/Rom. Eigentlich ist es der Kampf des David gegen den Goliath. Obwohl sich die Schulterumfänge der beiden Schwimmer nicht mehr wesentlich unterscheiden. Aber der eine ist der Megastar des Schwimmsports, der andere der Newcomer aus Halle an der Saale. Aber seit seinem unglaublichen Weltrekord über die 400 Meter Freistil ist Paul Biedermann dem achtmaligen Olympiasieger von Peking zumindest suspekt.

"Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieser 400-Meter-Rekord gebrochen wurde, er war der beste Rekord. Normalerweise sieht man im nacholympischen Jahr nicht diese Leistungen, aber irgendwie kommen sie zustande", sagte Michael Phelps, "ich weiß nicht, wie sie das machen." Sie. Das sind der aktuell erfolgreichste deutsche Schwimmer und sein Trainer Frank Embacher. "Ein Erfolgsduo", sagt der ehemalige Sportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), Ralf Beckmann.

300 Meter lang war Biedermann langsamer als bei seinem Europarekord des Vorlaufes, doch auf der Schlussbahn ließ er die Konkurrenz um 1500-Meter-Olympiasieger Oussama Mellouli aus Tunesien förmlich stehen. "Eigentlich wollte ich schneller angehen, aber ich bin ein Typ, der sich festbeißen kann. Die letzten 50 Meter waren meine", sagte Biedermann.

Zuhause in Halle an der Saale trainiert er in einer nahezu baufälligen Schwimmhalle, Biedermann hofft auf eine neue: "Weil ich von Startblöcken springe, die älter als 40 Jahre sind." Geschadet hat es ihm offenbar nicht. Aber richtig erklären konnte Biedermann seinen Weltrekord auch nicht.

3:40,07 Minuten über 400 Meter Freistil, im Laufe eines Tages steigerte sich der 22-Jährige um 6,6 Sekunden, Lichtjahre im Schwimmen. Und war am Ende auch noch eine Hundertstelsekunde schneller als der legendäre Australier Ian Thorpe. "Der neue Anzug hat bestimmt zwei Sekunden geholfen", sagte er zum Material seines Ausrüsters.

Als erklärter Kritiker des Wettrüstens im Schwimmen hatte er bis vor vier Wochen ein fast schon altertümliches Vorjahresmodell geschwommen und sich erst kurz vor Rom für den X-Glide seines Ausrüsters arena entschieden.

Wegen einer schweren Virusinfektion hatte Biedermann Anfang des Jahres sechs Wochen mit dem Training aussetzen müssen. Ihm fehlten mehrere hundert Trainingskilometer. "Das konnte ich kompensieren. Vielleicht habe ich genau diese Pause gebraucht."

Auf die weiteren Fragen hatte der Weltmeister und Weltrekordler schon gewartet. Ohne Zögern begegnete er dem Misstrauen der internationalen Presse. Die Antwort auf die Doping-Frage kam mit ernster Miene und festem Blick: "Natürlich muss ich mir solche Vorwürfe gefallen lassen, aber ich bin absolut sauber. Ich hatte bestimmt 20 Kontrollen in diesem Jahr." Die Leistungssteigerung war dennoch zu unglaublich, um nicht angezweifelt zu werden.

Die Goldmedaille widmete "Paule" seiner Oma Annemarie zum 73. Geburtstag. In Halle an der Saale halten die Biedermänner fest zusammen. "Ich bin stolz auf Paule, er hat es uns vorgemacht, er hat uns richtig euphorisiert", sagte Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen. Zeit durch Durchatmen blieb "Paule" nicht. Schon gestern Morgen standen die Vorläufe über 200 Meter Freistil auf dem Programm.

Und sie waren eine beeindruckende Kampfansage an Michael Phelps. Biedermann schwamm zweimal schneller als Phelps, im Halbfinale sogar mit einem neuen Europarekord (1:43,65) deutlich schneller als der amerikanische Superstar, der unmittelbar vorher 1:45,23 Minuten benötigt hatte. "Ich glaube, dass Michael Phelps der bessere Schwimmer ist", sagte Biedermann. Irgendwie klang es zurückhaltender, als es wirklich gemeint war.

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