„Schnix“ macht Schluss

Der überaus beliebte Nationalspieler Bernd Schneider beendet seine Karriere wegen einer hartnäckigen Rückenverletzung.

Leverkusen. Was hätte das für ein Abschied sein können, aber in Berlin, im Pokalfinale von Bayer Leverkusen gegen Werder Bremen, hatte sein Trainer Bruno Labbadia andere Pläne. Bernd Schneider durfte sich warmlaufen, eine ganze Halbzeit tat er das, Leverkusen lag 0:1 zurück, und Schneiders Blicke wanderten sehnsüchtig zur Trainerbank. Aber dann wechselte sein Trainer viel zu spät und vor allem nicht den 35-Jährigen ein. Labbadia stand nicht der Sinn nach Fußball-Romantik, Leverkusen verlor und Schneider stieß mit einem heftigen Tritt neben der Auswechselbank einen Pfosten um. Nicht gespielt, wieder nur Zweiter, Saison beendet - und seit Freitag auch die Karriere. Schneider traf "diese schwere Entscheidung" aufgrund einer Rückenmarksverletzung nach seinem Bandscheibenvorfall, den er sich im April 2008 bei einem Sportunfall zugezogen hat.

Er habe seit diesem Unfall gesundheitliche Probleme, sagte Schneider am Freitag. "Deshalb bin ich nach Rücksprache mit meinen Ärzten zu der Entscheidung gekommen, einen Schlussstrich unter meine Profilaufbahn zu ziehen." Fußball sei für ihn Leidenschaft, sagte er noch, "aber schließlich trage ich auch Verantwortung für meine Familie." Der Bitte nach Auflösung seines Vertrages kam Arbeitgeber Bayer Leverkusen schnell nach, Schneider soll fortan Aufgaben in der Scouting- und Jugendabteilung des Vereins übernehmen.

Was vom Fußballer Schneider bleibt? Vielleicht die beruhigende Gewissheit, dass man in diesem Geschäft auch ohne große Töne und Gesten nach ganz oben kommen kann. Dass man die Fans allein mit seiner Leistung überzeugen kann. Schneider wollte immer nur eines - und das konnte er am besten: Fußball spielen. Zuerst als Zweitliga-Spieler bei Carl-Zeiss Jena mit einer beeindruckenden Vokuhila (Vorne kurz, hinten lang)-Frisur, dann in die Bundesliga nach Frankfurt, schließlich ab 1999 für Bayer Leverkusen. Bis Freitag.

Jetzt ist er raus aus diesem verrückten Geschäft, aus dem er sich immer rausgehalten hat und doch mittendrin war. Bei der WM 2002 in Japan und Südkorea strahlte sein Stern, als er eine starke WM mit einer spielerisch herausragenden Leistung im Finale gegen Brasilien krönte. Seither wird er "der weiße Brasilianer" genannt. Schneider hatte auch dieses Finale, wie so viele mit Bayer Leverkusen zuvor, verloren (0:2). Aber im Gegensatz zu seinem Freund Michael Ballack wird er mit diesem Makel seiner Karriere als ewiger Zweiter kaum konfrontiert. Wer sich nicht vorn einreiht, wird milde behandelt.

Seine besten Freunde kommen noch immer aus Jena, sie nennen ihn "Schnix", weil auf thüringisch einer, der gut mit dem Ball umgehen kann, gut "schnixeln" kann. Mit Schneider ein Gespräch zu führen, kann eine ziemlich einsilbige Angelegenheit sein. Lieber zieht er sich zurück, raucht eine Zigarette, ist einfach nur "Schnix", der Vollblutfußballer. Bundestrainer Joachim Löw bezeichnete Schneider zum Abschied als "eine unserer Leitfiguren".

Nach diesem letzten Pokalfinale hatte Schneiders Berater Michael Becker verbal auf Labbadia eingeprügelt, schimpfte ihn "stillos und unanständig". Von Schneider war nichts zu hören. Er wollte einfach nur Fußball spielen. Ein letztes Mal.

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