Schmitt: Es ist ein Genuss

Seine Rückkehr in die Weltspitze gründet auch auf dem Vertrauensverhältnis zu Trainer Schuster.

Oberstdorf. "Mir hat am Morgen niemand das Frühstück ans Bett gebracht." Lachen erfüllt den Raum. Martin Schmitt gönnt sich diesen Moment noch, steht auf und verabschiedet sich mit einem freundlichen Winken.

Der Morgen danach fühlt sich gut an. Martin Schmitt strahlt innere Zufriedenheit aus. Die Erwartungen und den Druck, der nach seinem fünften Platz im Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf und vor dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen morgen (13.45 Uhr/ARD) auf ihm lasten, spürt er nicht. Der 30-Jährige ist beseelt von anderen Gefühlen: Wachsende Sicherheit. Selbstvertrauen. Spaß. Martin Schmitt sieht die Dinge, die auf ihn zukommen, positiv und sagt: "Es ist ein Genuss nach all den Jahren."

Martin Schmitt ist zurück in der Weltklasse. Das ist eine Leistung, die nicht hoch genug einzuschätzen ist. Der letzte Weltcup-Sieg des Schwarzwälders liegt beinahe acht Jahre zurück. Eine Spanne, voll gepackt mit Frusterlebnissen. Eine freudlose Zeit, in der viele den Vorzeigeflieger erst verspottet, dann abgeschrieben und bemitleidet haben. Nun geizen jene, die tiefer in die Skisprungszene involviert sind, nicht mit Respekt. "Es hätte niemanden gewundert, wenn Martin aufs Podest gesprungen wäre", sagte Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner. "Mit etwas mehr Selbstvertrauen in der Tasche hätte er für eine Sensation sorgen können."

Soweit ist es (noch) nicht. Doch Bundestrainer Werner Schuster entgehen die anerkennenden Blicke aus der Kollegenschar nicht. "Martin Schmitt wird wahrgenommen. Es ist ein Zeichen, dass sie sich langsam zu fürchten beginnen." Weil sie sehen, dass diesem Ehrgeizigen wieder alles zuzutrauen ist. Weil sie registrieren, dass sein Flugsystem wieder technisch einwandfrei ist. Ein Platz auf dem Podest. Und vielleicht auch ein Sieg. Das ist im Idealfall machbar. Schmitts Sprung im ersten Durchgang von Oberstdorf war trotz schwierigster Bedingungen sein bisher bester des Winters. Wo andere Fehlerbilder im Flugsystem gezeigt haben, kam Schmitt dem persönlichen Optimum sehr nahe. "Darauf kann er stolz sein", sagt Schuster.

In Oberstdorf hat der viermalige Weltmeister und Team-Olympiasieger bewiesen, wozu er fähig ist. 22000 Zuschauer - eine davon war Schmitts Freundin Patricia Steiner aus Bitzfeld - sind in der Arena aufgestanden. Euphorisch wie in der Zeit vor und nach der Jahrtausendwende. "Wenn ein Idol wie Martin Schmitt zurückkommt, gibt das einen wahnsinnigen Schub. Man kann es an den Fernsehquoten verfolgen", sagt DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller. Mehr als fünfeinhalb Millionen haben in Oberstdorf in der Spitze zugeschaut. Schmitt, ganz Realist: "Ich kann nicht erwarten, dass ich jetzt nur noch Ausnahmesprünge zeige."

Der Mann aus Furtwangen hat mit Werner Schuster, seinem Vertrauensmann, Zielsetzungen besprochen. Daran arbeitet Schmitt. Und mit mehr Geduld als früher. Martin Schmitt hat den Weg des Bundestrainers vom ersten Tag an angenommen. Eine Sache des gegenseitigen Vertrauens. Er freut sich auf Garmisch-Partenkirchen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass dort das Frühstück ans Bett serviert wird.

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