Schiedsrichter: Der Kniefall des Joseph Blatter

Der Fifa-Präsident entschuldigt sich bei England und Mexiko und kündigt Reformen nach der Weltmeisterschaft an.

Düsseldorf/Pretoria. Die, die es betrifft, wurden von der Fifa zum Schweigen verdonnert. Anweisung von ganz oben. "Kein Kommentar. Das müssen andere entscheiden", sagt Wolfgang Stark, der für die DJK Altdorf pfeift und einziger deutscher Schiedsrichter bei der Weltmeisterschaft in Südafrika ist, in Pretoria.

Aufforderung eines Journalisten an Fifa-Obmann José Maria Garcia Aranda, der sich nicht zur Schiedsrichterproblematik äußern wollte

José Maria Garcia Aranda äußert sich wortgleich. Der Spanier ist Obmann der Fifa und darf deshalb keine eigene Meinung haben. Aranda bezeichnet die Leistungen seiner Spielleiter gebetsmühlenartig als "exzellent, es gab nur vier, fünf Fehlentscheidungen in insgesamt 54 Spielen".

Bei den Verbänden Englands und Mexikos, die durch skandalöse Fehlenentscheidungen offensichtlich benachteiligt wurden, hat sich Fifa-Präsident Joseph Blatter trotzdem persönlich entschuldigt. "Es tut mir leid, was geschehen ist", sagte der Schweizer.

Im Achtelfinale zwischen Deutschland und England (4:1) hatte Schiedsrichter Jorge Larrionda aus Uruguay ein klares Tor von Frank Lampard nicht gegeben, obwohl der Ball 40 Zentimeter hinter der Linie aufgesprungen war. Im Spiel Argentinien gegen Mexiko (3:1) übersah Schiedsrichter Roberto Rosetti beim Führungstreffer von Carlos Tevez eine klare Abseitsstellung.

Sowohl Larrionda als auch Rosetti gehören zu den zehn Schiedsrichtern, die am Dienstag von der Fifa für die restlichen Spiele gestrichen wurden. Es verbleiben noch 19 Referee-Gespanne, darunter auch Wolfgang Stark.

Blatter erklärte die Schiedsrichter-Problematik nun zur Chefsache. Zehn Tage nach der WM sollen die Experten des Weltverbandes in Cardiff zusammenkommen, um ein weiteres Mal über technische Hilfsmittel zu beraten. Blatter kündigte für den Herbst ein neues Modell an, mit dem das Schiedsrichterwesen einschneidend reformiert werden soll.

Nicht das erste Mal berät die Fifa über den Chip-Ball. Was noch vor vier Monaten unmöglich schien, als Blatter jedes technische Hilfsmittel für Schiedsrichter mit dem Argument rigoros ablehnte, die Technologie müsse aus dem Fußball herausgehalten werden. Der Chip im Fußball zeigt in Sekundenbruchteilen ein Tor an.

Wenn der Ball die Torlinie komplett überschritten hat, wird ein Signal auf die Armbanduhr des Schiedsrichters gesendet. Die genaue Position des Balles wird über ein Magnetfeld ermittelt. In diesem Magnetfeld sendet der Ball seine Messdaten an Empfänger hinter dem Tor, ein Computer ermittelt die Position des Balles.

Wird in anderen Sportarten wie Eishockey, Hockey, American Football und Cricket seit Jahren mit Erfolg angewendet. Auch im Tennis leistet das "Hawkeye" gute Dienste. Die Fifa fürchtet bei diesem Modell aber zu lange Unterbrechungen des Spiels, ein Dorn im Auge Blatters.

Zwei Torrichter unterstützen den Schiedsrichter. Das Modell wird in der Europe League der Uefa mit Erfolg getestet. Es ist das einzige Modell, das hohe Wirksamkeit verspricht, keine zusätzliche Technik erfordert und deshalb auf Linie der Fifa liegt.

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