EM-Ziel: Mit Weltmeister Jung zum Heimsieg reiten

Luhmühlen (dpa) - Die erste Hürde nahmen die deutschen Vielseitigkeitsreiter ohne Mühe. Alle zwölf Pferde, die vom Donnerstag bis Sonntag beim EM-Heimspiel in Luhmühlen am Start sind, passierten am Mittwoch ohne Probleme den Medinzincheck.

Auch Michael Jungs Ausnahmewallach Sam machte einen Tag vor dem Beginn in der Lüneburger Heide einen hervorragenden Eindruck. Die anderen 69 Starter aus 14 Nationen passierten ebenfalls die Fitness-Prüfung.

Doch die Augen und Fotoobjektive waren vor allem auf Jung und Sam gerichtet. An die Favoritenrolle hat sich der Weltmeister längst gewöhnt. „Letztlich macht man sich selber den größten Druck“, sagte der 29-Jährige. „Als Reiter weiß man, wie schnell etwas daneben geht.“

Seit seinem rasanten Aufstieg in die Weltspitze hat der Pferdewirt aus Horb nur selten erlebt, dass etwas daneben ging. Als erster Deutscher gewann er 2009 den Weltcup und wurde bei der EM Dritter, im vergangenen Jahr folgte dann die Krönung mit dem WM-Titel in Lexington/Kentucky.

Den wichtigsten Sieg errang Jung in diesem Jahr außerhalb von Dressurviereck, Parcours und Gelände. Dank der Hilfe des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) wurde im Februar ein Verkauf von Sam verhindert. Vor zwei Wochen übernahm das DOKR wie vereinbart die letzten Anteile an Sam von der bisherigen Mitbesitzerin.

Nach der Einigung vor einem halben Jahr lief es auch sportlich für Jung und Sam bestens. Bei vier Starts siegte das Paar dreimal, einmal wurde es Zweiter. „Michi ist Favorit, ohne Frage“, meinte Bundestrainer Hans Melzer. „Wenn er geritten ist, dann hat er gewonnen oder sich höchstens selbst geschlagen.“

Melzer traut Jung zu, beim Heimspiel in der Lüneburger Heide die Flaute bei kontinentalen Titelkämpfen zu beenden. Während die deutschen Reiter in den vergangenen Jahren bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften Triumphe feierten, blieben sie seit dem Sieg von Bettina Hoy - damals noch unter dem Namen Overesch - 1997 in Burghley bei Europameisterschaften ohne Titel. Der letzte Team-Triumph bei einer EM liegt sogar 38 Jahre zurück, 1973 in Kiew.

Melzer rechnet mit einem Zweikampf zwischen Großbritannien und Deutschland. Die Briten kommen als Mannschafts-Europameister und -Weltmeister in die Heide und stellen in Kristina Cook auch die Titelverteidigerin. Cook ist allerdings nicht dabei. „England ist der Topfavorit“, sagte der 60 Jahre alte Coach. „Vielleicht ist das besser für uns“, fügte er hinzu und erinnerte an die EM 2009 in Fontainebleau. Damals erlebten die Team-Olympiasieger ein Debakel, als gleich drei Reiter im Gelände ausschieden.

„Wir hoffen auf unsere Heimstärke und sind optimistisch. Natürlich wollen wir den Titel“, sagte Melzer. Alle zwölf EM-Reiter seien dieses und letztes Jahr in Luhmühlen gestartet. „Sie kennen das Gelände und fühlen sich wohl.“ Dazu kommen die einheimischen Zuschauer als Faktor. „Sie motivieren“, sagte der Bundestrainer. Bei den bisherigen EM-Turnieren in Luhmühlen 1975, 1979, 1987 und 1999 hatte der Heimvorteil allerdings nichts genutzt.

Für das deutsche Team startet Andreas Dibowski (Döhle) mit Fantasia als erster am Donnerstag in der Dressur. Zweite Reiterin ist EM-Debütantin Sandra Auffahrth (Ganderkesee) mit Opgun Louvo. Im zweiten Dressur-Teil am Freitag werden Ingrid Klimke (Münster) mit Abraxxas und Jung mit Sam auftreten. Zudem darf Deutschland als Gastgeber acht weitere Einzelstarter benennen. „Wenn die Tagesform stimmt, kann jeder was reißen“, sagte Melzer.

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