Rick Zabel und die dunkle Vergangenheit seines Vaters

Florenz (dpa) - Sein Blick ging verlegen zum Boden. Die Wangen waren plötzlich etwas gerötet. „Nein, darüber möchte ich nicht sprechen“, sagte Rick Zabel nach seinem ersten WM-Rennen in Florenz, als die Sprache auf die entlarvende zweite Doping-Beichte seines Vaters kam.

Interviewwünsche hatte der fürsorgende Bund Deutscher Radfahrer (BDR) abgelehnt, aus „Rücksicht“, wie es hieß. Bei seinem WM-Debüt im Vorjahr in Valkenburg konnte der inzwischen 19-Jährige noch freimütig sagen: „Papa ist mein Vorbild“. Die erste Beichte seines einst hoch angesehenen Vaters im Mai 2007 habe ihm „großen Respekt“ abverlangt. Solche Einschätzungen dürften dem hoffnungsvollen Radsport-Talent, der für das kommende Jahr einen Profivertrag im BMC-Team des ehemaligen Toursiegers Cadel Evens in der Tasche hat, vermutlich inzwischen schwerer fallen.

Trotzdem legt der Junior offensichtlich weiter großen Wert auf die familiäre Rückendeckung. „Ja, mein Vater ist hier und meine Mutter auch“, sagte Rick Zabel nach dem WM-Teamzeitfahren, das er mit der niederländischen Rabobank-Nachwuchsmannschaft auf einem respektablen 19. Platz knapp viereinhalb Minuten hinter Tony Martins Weltmeister-Equipe beendete.

An der Ziellinie am Nelson Mandela Forum in Florenz ließ sich Erik Zabel, seit seinem zweiten Geständnis Ende Juli von allen Ämtern enthoben und abgetaucht, allerdings nicht sehen. Am Freitag hat sein Filius im U23-Straßenrennen seinen zweiten WM-Einsatz. „Ich bin gut in Form und habe im Team eine Jokerrolle. Mal sehen, was ich daraus machen kann“, ergänzte Rick Zabel, der bei seinem WM-Debüt in der U23-Klasse im Vorjahr in den Niederlanden Rang 36 belegt hatte.

Der Einsatzplan bei BMC wird im Oktober besprochen. Langfristig will sich der deutsche U23-Meister von 2012 auf die Klassiker spezialisieren. „Ich hatte mehrere Angebote. Aber BMC schien das vielversprechendste“. Der Youngster hofft auf einen behutsamen Aufbau nach seinem frühen Wechsel ins Profilager: „Ich bin bei BMC drei Jahre jünger als der Zweitjüngste im Team“.

Als sein Vater 2007 im TV tränenreich Kurzzeit-Doping gestand, war Rick 13. Den Radsport hatte er bis dahin eher als große Show erlebt. Es war mit ein Markenzeichen seines Vaters, den kleinen Knirps bei Siegerehrungen auf den Champs Elysées in Paris nach der Tour - ganz in grün gekleidet und sogar die Haare entsprechend gefärbt - mit auf das Siegerpodest zu nehmen. Noch immer steht Erik Zabels Rekord, sechsmal in Folge das Grüne Trikot gewonnen zu haben.

Er hätte EPO 1996 nur für eine Woche ausprobiert, hatte Zabel senior im Zuge der im T-Mobile-Team zum Teil verordneten Bekenntnisse mit tränenerstickter Stimme preisgegeben. Er könne seinen Sohn nicht weiter anlügen, hatte er erklärt. Sechs Jahre später holten Erik Zabel die fatalen Halbwahrheiten ein und stellten ihn als Schauspieler bloß. Beichte Nummer zwei folgte Ende Juli. Er sah sich zu der Aussage genötigt, nachdem ihn Nachuntersuchungen des französischen Senats als Lügner entlarvt hatten.

Erik Zabel gab umfangreichen Doping-Gebrauch von 1996 bis 2003 zu und verlor seine Posten als Teamleiter bei Katusha und als Sportlicher Leiter der Rennen in Hamburg und Berlin. Allerdings scheint Resozialisierung möglich, weil er im Gegensatz zu Jan Ullrich zum Beispiel mit der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA zusammenarbeitet und ihm verspätete Reue vielleicht nicht abzusprechen ist. Auch die Chefs der Cyclassics in Hamburg und des ProRace in der Hauptstadt signalisierten: Die Tür ist zumindest ein Stück weiter offen.

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