„Gorilla“ Greipel wieder im Sieger-Club

Albi (dpa) - Der „Gorilla“ ist angekommen: Nach dem frustrierenden Tour-Auftakt ist André Greipel mit seinem Etappensieg auch bei dieser Frankreich-Rundfahrt endlich dort, wo er hinwollte - im exklusiven Club der Sieger.

Der souveräne Erfolg in Montpellier nötigte selbst den Konkurrenten Respekt ab. Doch der gebürtige Rostocker hat damit noch lange nicht genug. Weitere Tagessiege sollen folgen. Auch das Grüne Trikot des Sprintbesten hat Greipel im Visier.

„Im Sprint geht es um alles oder nichts. Entweder bis du der glücklichste Mensch der Welt oder der traurigste“, sagte Greipel nach seinem Erfolg. Auf dieser Achterbahn der Gefühle hat der 30 Jahre alte Radprofi in der ersten Woche der 100. Tour de France bereits die ein oder andere Runde gedreht: Ein Defekt hatte ihn kurz vor dem Ziel der ersten Etappe gestoppt. Bei der zweiten Massenankunft funktionierte die Sprintvorbereitung seines Teams nicht.

Doch schon einen Tag später lief es perfekt. „Lehrbuch Lead Out“, titelte die „Gazette du Gorille“, eine virtuelle Zeitung, die Greipel gemeinsam mit seinem Freund und Teamkollegen Marcel Sieberg während der Frankreich-Rundfahrt täglich auf seiner Internetseite publiziert. „Gorilla“ nennt sich das deutsche Muskelpaket gerne selbst. Der deutsche Meister findet, dass ihn der Spitzname ganz gut charakterisiert, weil das Tier für Ruhe und Kraft steht.

Beide Eigenschaften sind in den rasanten Sprints bei der Tour gefragt, wenn es im Pulk in einem Wahnsinnstempo Richtung Ziel geht. Die französische Zeitung „L'Equipe“ ließ in Montpellier die Geschwindigkeit des heranjagenden Feldes an der „Flamme rouge“, der Markierung für den letzten Kilometer, messen. Das Ergebnis: Mit 74 Stundenkilometern rasten die Radprofis vorbei. Auf dem Zielstrich dürfte das Tempo sogar noch höher gewesen sein.

Greipel, Mark Cavendish, Marcel Kittel. Jeder der drei derzeit wohl besten Sprinter im Peloton hat nun je einen Sieg auf dem Konto. Der Dreikampf dürfte auch die zweite Tourwoche prägen, in der weitere Sprintankünfte auf dem Plan stehen. „Es werden bestimmt noch einige interessante Sprints kommen“, meinte Greipel. Wie wichtig es dem wortkargen Norddeutschen war, mit den Rivalen gleichzuziehen, bewies seine Siegespose im Ziel, als er seinen muskulösen Oberkörper aufrichtete und bei höchstem Tempo beide Arme in die Luft reckte.

Greipel und Cavendish begegnen sich seit ihrer gemeinsamen Zeit bei T-Mobile und dessen Nachfolgeteams Columbia und HTC-Highroad in respektvoller Abneigung. Der Deutsche hatte schließlich keine Lust mehr die zweite Geige hinter Cavendish zu spielen und heuerte vor zwei Jahren beim belgischen Rennstall Lotto an, für den er noch im selben Jahr sein Tourdebüt mit einem Etappensieg krönte. Dabei ließ er in Carmaux erstmals auch den britischen Rivalen hinter sich. Im vergangenen Jahr gelangen Greipel dann drei weitere Tageserfolge.

„Es interessiert mich nicht, wen ich schlage. Ich bin hier um zu gewinnen, nicht um Revanche zu nehmen“, sagte Greipel nun nach dem fünften Tour-Etappensieg seiner Karriere. Die Art und Weise wie der Wahlschweizer den Erfolg eingefahren hatte, beeindruckte auch Cavendish. Nicht einmal seinen Sturz 33 Kilometer vor dem Ziel wollte der britische Meister als Entschuldigung für seine Niederlage anführen. „Mein Sturz hat sicher nicht geholfen, weil ich 40 Sekunden aufholen musste und dadurch Kraft verloren habe. Das ändert aber nichts an Andrés Sieg. Er war heute der Stärkste“, anerkannte Cavendish.

Die beiden Sprinter mit dem großen Ego kämpfen jedoch nicht nur um Tagessiege. Auch das Grüne Trikot des Sprintbesten haben beide im Visier. Cavendish, der das Maillot Vert 2011 schon einmal gewonnen hat, macht sowieso keinen Hehl daraus, dass er das Punktetrikot gerne noch einmal nach Paris tragen würde. Aber auch Greipel zeigt, dass er diesmal gerne mitmischen will im Kampf um Grün. „Jeder hat gesehen, dass ich auf die Punkte gehe und bei den Zwischensprints reinhalte“, erklärte er. „Solange ich eine Chance habe, werde ich um das Grüne Trikot kämpfen.“

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