Die Zukunft des deutschen Radsports ist gesichert

Ponferrada (dpa) - Rudolf Scharping soll sich fast täglich von China aus per Telefon nach dem Rechten erkundigt haben. Die Nachrichten von der Straßenrad-WM in Ponferrada dürften den BDR-Präsidenten hocherfreut haben.

Die Zukunft des deutschen Radsports ist gesichert
Foto: dpa

Nicht nur, dass die Deutschen die meisten Medaillen einsammelten. Vielmehr gibt die prächtige Vorstellung der nächsten Radsport-Generationen Anlass zur Hoffnung. Eine Reihe von starken Zeitfahrern und Sprintern wachsen heran und bewegen sich auf den Spuren der heutigen Aushängeschilder Tony Martin, Marcel Kittel und John Degenkolb. Nur ein neuer Jan Ullrich, ein Siegfahrer für die Rundfahrten, ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht.

„Das ist ein Fahrertyp, den wir hier nicht haben. Heutzutage sind es meist kleine Fahrer, die viel in der Höhe leben und trainieren. Wir fördern die Athleten, können sie als Verband aber nicht produzieren. Wenn es so einfach wäre, hätten wir schon einen Masterplan“, sagt BDR-Vizepräsident Udo Sprenger.

U23-Fahrer Silvio Herklotz wird so eine Rolle mal zugetraut, aktuell fährt der 22-Jährige aber noch beim unterklassigen Team Stölting und hat einen weiten Weg vor sich. Auch der ein Jahr jüngere Jasha Sütterlin hat ähnliche Qualitäten. In diesem Jahr schaffte er den Sprung in die WorldTour beim spanischen Team Movistar. An der Seite von Giro-Sieger Nairo Quintana oder dem WM-Dritten Alejandro Valverde muss er aber erstmal Helferdienste leisten.

Ein Juwel entpuppte sich bei der WM in Lennard Kämna. Der 18-Jährige, ein Leichtgewicht auf dem Rad, dominierte das Einzelzeitfahren der Junioren und bevorzugt bergiges Terrain. „Gute Rundfahrer sind heute meist um die 28 Jahre alt. Das ist noch eine lange Zeit. Da dürfen uns die Fahrer nicht vorher wegbrechen“, warnt Sprengers BDR-Kollege Günter Schabel. Der aktuell wohl beste deutsche Rundfahrer ist Dominik Nerz, der in den vergangenen beiden Jahren bei der Spanien-Rundfahrt die Plätze 14 und 18 belegt hatte. Von 2015 an darf er sich beim zukünftigen Team Bora als Kapitän versuchen. „Ich freue mich auf das Projekt“, sagt der 25-Jährige.

Für die Top-Platzierungen werden aber wohl vorerst weiter die Sprinter und Zeitfahrer sorgen. Kittel, André Greipel, Martin und Degenkolb, der im WM-Straßenrennen am Sonntag einen achtbaren neunten Platz holte, fuhren in dieser Saison 14 Etappensiege bei den großen drei Rundfahrten ein. Insbesondere die Tour de France verlief - gemessen an den Tagessiegen - für deutsche Radsportler erfolgreich wie nie zuvor. Und der Nachwuchs steht bereit. Maximilian Schachmann hätte ohne einen Sturz im U23-Zeitfahren wohl eine Medaille geholt - und bei den Junioren sprintete Jonas Bokeloh souverän zum Sieg.

Ähnlich auch die Situation im Frauen-Lager: Die 26-jährige Allgäuerin Lisa Brennauer schaffte mit zwei WM-Titeln im Einzel- und Mannschaftszeitfahren sowie Silber im Straßenrennen den Sprung in die Weltspitze. Im Junioren-Bereich gilt die WM-Fünfte Lisa Klein als großes Talent.

„Wir haben in Ponferrada die Nationenwertung gewonnen und dürfen sehr zufrieden sein. Wichtig ist vor allem, dass der Nachwuchs einen weiteren Schritt gemacht hat“, zog Sprenger ein positives Fazit - auch ohne einen neuen Ullrich. Aber eine hundertprozentige Kopie des tief gefallenen Radstars muss es ja auch nicht sein.

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