Radsport: Milrams letzter Angriff

Das einzige deutsche Profiteam geht mit 17 Deutschen in den Kampf gegen den Doping-Verdruss.

Dortmund. Claus Fischerwusste nicht, wie ihm geschah. Die Journalisten scharten sich um denkommissarischen Vertriebsvorstand der Nordmilch AG, obwohl der Raumeines Dortmunder Hotels voll war von Größen des deutschen Radsports.Aber Fischer hat ein Alleinstellungsmerkmal: Er vertritt den einzigenSponsor, der in Deutschland noch bereit ist, ein professionellesRadsportteam zu finanzieren.

Es gab Telekom, Wiesenhof undGerolsteiner. Aber jetzt, im Jahr nach der markerschütternden Tour deFrance 2008 mit neuen Dopingsünden von Stefan Schumacher und BernhardKohl aus dem Gerolsteiner-Team, gibt es nur noch das Team Milram. Dieletzte deutsche Bastion im Kampf gegen den Radsport-Verdruss.

Fischer weiß um diesen Kampf, seinem Konzern ist der selbst nichtganz geheuer. Nur für dieses eine Jahr hat die Nordmilch AG die Zusagegegeben, wieder rund acht Millionen Euro in das Team zu investieren."Im Herbst stellen wir das wieder auf den Prüfstand", sagt Fischer. Under sagt: "Was wir brauchen, sind neue Helden." Saubere Helden wie dieMilch. Versteht sich.

Zwei, die dafür in Frage kommen, sitzenoben auf dem Podium bei der Präsentation des neuen Team Milram: DerKlassementfahrer Linus Gerdemann, der Sprinter Gerald Ciolek. "Sie sinddie Stars", sagt Direktor Gerry van Gerwen unmissverständlich. Heldensollen sie noch werden.

Beide kamen vom Telekom-NachfolgerColumbia zu Milram, aber jetzt sind sie die uneingeschränkten Herrscherim neuen Stall, der aus Italien nach Deutschland umgezogen ist. Von 25Fahrern sind 17 deutscher Herkunft, die Basis liegt in Dortmund, auchdas Material ist deutsch. Hinein in den Markt, in dem das Misstrauendem Radsport gegenüber so groß ist wie in keinem anderen Land. Wieeinst die Zuneigung unvergleichlich war.

"Auf uns konzentriert sich jetzt alles. Das ist Last und Anspornzugleich", sagt van Gerwen, der vom gerade beerdigten Gerolsteiner-Teamden sportlichen Leiter Christian Henn und die Fahrer Robert Förster,Markus und Thomas Fothen, Johannes Fröhlinger, Matthias Ruß, RonnyScholz, Fabian Wegmann und Peter Wrolich übernommen hat. Milram ist eingutes Stück Gerolsteiner geworden, der Bremer Sponsor wird dieseHinwendung zu deutschen Inhalten begrüßt und befördert haben.

Gerdemannund Ciolek tragen die Last, künftig sauber Erfolge herausfahren zumüssen. "Wir haben nur die Chance, für uns sauber zu sein", sagt derjunge Kölner Ciolek. Er will einmal ins Grüne Trikot bei der Tourschlüpfen, Gerdemann vielleicht "einige Tage das Gelbe tragen". VanGerwen hat das ganze Team auf diese Beiden abgestimmt, viele willigeHelfer gekauft. "Ich erwarte einiges. Aber auch nicht zuviel", sagt vanGerwen, der sich den Fragen nach der Dopingmentalität offen, abersichtbar ungern stellt. "Wir sind nicht schuld daran", sagt er oft.Und: "Wir wollen ein Beispiel für sauberen Sport sein."

DieBlutwerte alle Fahrer, die diesbezüglich opulente Verträgeunterschreiben mussten, werden ständig kontrolliert. "Wer auffälligist, fliegt raus", sagt van Gerwen. Im vergangenen Jahr waren deshalbdie Verträge mit Igor Astarloa und Alessandro Petacchi aufgelöstworden. "Ein klares Zeichen", findet auch Claus Fischer. Im Sinneseines Arbeitgebers.

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