Pulverfass Gladbach

Pfiffe, Beschimpfungen, „Hecking raus“-Rufe: Borussia gewinnt gegen Hertha, doch auf den Rängen will keine Freude aufkommen.

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Mönchengladbach. Am vergangenen Donnerstag war bei Abrissarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Militärstützpunktes der britischen Streitkräfte in Mönchengladbach-Rheindahlen eine 1000-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Der Kampfmittelräumdienst konnte den Blindgänger entschärfen und Entwarnung geben. Weniger dramatisch, aber irgendwie sinnbildlich war am Samstag die Szenerie im nur zehn Kilometer entfernten Borussia-Park. Dort wurde Thorgan Hazard beim 2:1 von Borussia Mönchengladbach gegen Hertha BSC Berlin mit seinen beiden Treffern zum „Feuerlöscher“.

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Die Lunte glimmte und war schon bedrohlich nahe am Pulverfass, als der zur Halbzeit eingewechselte Belgier in der 75. Minute unter gütiger Mithilfe von Hertha-Torwart Rune Jarstein den Ausgleich erzielte. Nur vier Minuten später verwandelte Hazard einen nach Videobeweis gegebenen Strafstoß nervenstark zum 2:1. Ein äußerst glücklicher Erfolg für Gladbach nach einem über weite Strecken blutleeren Auftritt. „Wir haben in dieser Saison aber auch oft verloren, obwohl wir besser waren. Dieser Sieg heute war besonders für den Kopf sehr wichtig“, sagte Hazard.

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Aus sportlicher Sicht mag dies angesichts der nach 1999 zweitschlechtesten Rückrunde in Gladbachs bisher 50 Bundesliga-Jahren zutreffen. Eminent wichtig aber war der Erfolg vor allem deshalb, weil er die spürbar vergiftete Atmosphäre auf den Rängen zumindest etwas beruhigen konnte. Mit dem Zünden von gefährlichen Bengalos in Mainz — durch die eine Frau verletzt wurde — entlud sich die Wut erstmals an Ostern, am Samstag nun erreichte sie eine neue Dimension. Die üble Beschimpfung von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus machte den mehr als unrühmlichen Anfang, Sportdirektor Max Eberl entschuldigte sich dafür später im ZDF. Und nach dem Abpfiff gab es trotz des 2:1 verbale Anfeindungen gegen Kapitän Lars Stindl und Torhüter Yann Sommer. „Wir wissen, dass wir kein tolles Spiel gezeigt haben. Dennoch konnten wir es gewinnen, nur haben sich die Fans darüber diesmal nicht gefreut“, sagte Verteidiger Matthias Ginter. Bereits zur Pause hatte es nach einer ganz schwachen Vorstellung ein gellendes Pfeifkonzert sowie laute „Hecking-raus“-Rufe gegeben.

Dieter Hecking, Gladbachs Trainer

„Diese Unmutsäußerungen sind absolut verständlich gewesen. Doch wie unser Torwart nach dem Spiel angegriffen wurde, halte ich für sehr bedenklich. So etwas hat in der Fan-Kultur dieses Vereins nichts zu suchen“, sagte Trainer Dieter Hecking. Borussia Mönchengladbach hat ganz offenbar ein bisher nicht gekanntes Problem mit einigen seiner Anhänger. „Bei einem 0:2 weiß ich nicht, was hier los gewesen wäre“, sagte Hecking. Doch nach der Führung durch Kalou (40.) ließen die Gäste von der Spree mit den vergebenen Hochkarätern von Selke (65.) und Kalou (68.) die Fohlenelf am Leben. „Über weite Strecken hatten wir alles im Griff, dementsprechend tief sitzt der Stachel“, sagte Herthas Nationalspieler Marvin Plattenhardt.

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