Olympia 2018: Annecys Krise und kein Ende

Paris (dpa) - Annecy will weiterkämpfen, doch Frankreichs Öffentlichkeit sieht die krisenerprobte Olympia-Kandidatur vor dem Aus. Immerhin wollen die Franzosen auch nach dem Rücktritt von Bewerbungschef Edgar Grospiron die notwendigen Dokumente für Olympia 2018 wie vorgesehen einreichen.

Bis zum 11. Januar 2011 sollen die Unterlagen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) sein, hieß es aus Kreisen des Aufsichtsrats. Zudem soll der Nachfolger von Grospiron noch in diesem Jahr präsentiert werden. „Natürlich ist Edgars Rücktritt sehr hart für uns, aber wir wollen gewinnen, und wir geben nicht auf“, erklärte Aufsichtsratschef Christian Monteil.

Frankreichs Presse sieht Annecys Chancen im olympischen Dreikampf mit München und dem südkoreanischen Favoriten Pyeongchang dagegen auf ein Minimum gesunken. Die Kandidatur des Luftkurorts habe durch Grospirons Rücktritt „einen nahezu tödlichen Schlag erlitten“, schrieb die Tageszeitung „Le Parisien“. Annecy habe „kaum noch Chancen“, fürchtete das Blatt. „Ist alles vorbei?“, fragte auch der Radiosender „RMC“. Die Entscheidung Grospirons sei ein echter „Keulenschlag“ für die Bewerbung gewesen.

Der engagierte Grospiron, Buckelpisten-Olympiasieger 1992 in Albertville, hatte auf einer Krisensitzung am Sonntag seinen Hut genommen. Bereits in der Vergangenheit hatte er immer wieder den Geldmangel angeprangert, der sich vor allem bei der internationalen Lobbyarbeit negativ bemerkbar mache. Als der Etat seiner Gesellschaft am Sonntag um gerade mal zwei Millionen Euro auf jetzt 20 Millionen Euro aufgestockt wurde, platzte ihm offenbar der Kragen. „Ich bin an meine Grenzen gestoßen“, erklärte Grospiron am Montag im Interview mit „RMC“.

Die Entscheidung Grospirons kam völlig unerwartet und stellte die höchsten Funktionären vor eine noch größere Herausforderung. „Wie wollen Sie, dass wir heute eine Strategie haben, nachdem wir von dieser Entscheidung von Edgar erfahren haben?“, erklärte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (CNOSF), Denis Masseglia, sichtlich genervt. Man müsse der Kandidatur Zeit geben, aber man wolle weitermachen, beteuerte er.

Masseglia meinte, man habe zwar Probleme, aber auch „sieben Monate Zeit“. Dass sich der ostfranzösische Ort allerdings bei der Vergabe der Spiele am 6. Juli 2011 im südafrikanischen Durban durchsetzen kann, bezweifeln nicht nur die meisten Medien, sondern auch Grospiron. „Ich habe gesagt, dass ich nicht weiß, wie wir mit 20 Millionen gewinnen sollen“, so der 41-Jährige. Grospiron hatte eine Aufstockung des Budgets um mindestens zwölf auf 30 Millionen gefordert.

Eine Stellungnahme der Regierung in Paris gab es vorerst nicht. Noch am 10. Dezember hatte es ein Treffen der Verantwortlichen für die Bewerbung mit Sportministerin Chantal Jouanno gegeben. Die wankende Kandidatur Annecys sollte vor dem Schiffbruch bewahrt werden. Die Regierung hatte aber nur „Unterstützung unter Vorbehalten“ zugesagt. Man müsse ihr eine Strategie vorlegen, forderte Madame Jouanno forsch.

Die Zeit drängt, warnen Medien und auch der zurückgetretene Grospiron. Der nächste Stichtag ist schon in einem Monat: Am 11. Januar müssen die Bewerber das endgültige Kandidaturdossier vorlegen. Monteil verspricht: „Wir machen weiter!“. Für den „Journal du Dimanche“ ist der Absturz Annecys jedoch vorprogrammiert: „Die Bewerbung hat Blei auf den Flügeln“, so die Sonntagszeitung.

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