Neustart mit Spielwitz

Gladbach will seine Anhänger wieder mit forschen Auftritten begeistern. Beim Saisonstart geht Dieter Heckings Plan auf.

Neustart mit Spielwitz
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Mönchengladbach. Der Pass in die Tiefe war bei Borussia Mönchengladbach einst ein besonderes Merkmal ihrer Fußball-Kunst, garniert mit schnellen Kombinationen und dem stets unwiderstehlichen Drang nach vorn. Zum Repertoire des Clubs gehörte es in den Anfängen der Bundesliga zudem, sich nach Ballverlust das Spielgerät fix zurück zu erobern und umzuschalten. So begeisterten die Heroen der damaligen Epoche oft ihre Fans.

Am Samstagabend gegen Bayer Leverkusen übte sich die Fohlen-Elf der Neuzeit darin, mit solchen Attributen, heutzutage als Vertikalspiel und Gegenpressing in aller Munde, den Liga-Auftakt erfolgreich zu gestalten. Das gelang vorzüglich. Beim 2:0 (0:0)-Sieg vor gut 53 000 Zuschauern im Borussia Park war es insbesondere die Rasanz des zweiten Treffers, die das Publikum von ihren Sitzen riss. Fabian Johnson war die letzte Station eines gedankenschnell von Raffael eingeleiteten Spielzugs, mit dem die Bayer-Defensive schlichtweg überfordert war. Drei Minuten nach der Gladbacher Führung durch einen verwandelten Foulelfmeter (Dragovic an Neuhaus) von Jonas Hofmann war der Funke damit endgültig übergesprungen und der Weg geebnet für die ersten hart errungenen Liga-Punkte.

Wahrscheinlich war der Begeisterungssturm auf den Rängen in dieser 58. Minute der Grund, warum Cheftrainer Dieter Hecking später so angetan war von der Atmosphäre im Stadion. „Der Müll sollte raus. Das ist uns gelungen, und die Fans haben fantastisch mitgemacht“, sagte der Gladbach-Coach in Anspielung auf so manchen laschen Auftritt seiner Mannschaft in der vergangenen Saison, was zu merklichen Dissonanzen im Umfeld geführt hatte.

Dieter Hecking, Gladbachs Trainer

Hecking zeigte sich nach der Saisonpremiere begeistert: „Es ist klasse, wie die Mannschaft unsere Ideen in den vergangenen Wochen umgesetzt hat. Viele Dinge haben schon gepasst, aber wir wissen auch, dass es noch ein weiter Weg ist in dieser Liga.“ Noch greifen nicht alle Rädchen perfekt ineinander, und die Gastgeber brauchten eine gewisse Anlaufzeit, um sich zu orientieren und sich mit verändertem System (4-3-3) Respekt zu verschaffen. Leverkusen wirkte reifer, doch die größte Chance hatte ein Gladbacher: Thorgan Hazard scheiterte mit einem Handelfmeter an Bayer-Keeper Ramazan Özcan.

So unspektakulär die erste Hälfte im Borussia-Park verlief, so furios und tempogeladen ging es weiter. Dieter Hecking hatte in der Pause die neue Marschrichtung vorgegeben: „Spielt bissiger, frecher, mutiger.“ Gesagt, getan. Getragen von einer starken Defensive um Goalie Yann Sommer in WM-Form, gespickt mit Spielwitz und Kampfgeist, folgte eine vielversprechende zweite Halbzeit der Fohlen-Elf.

Was steckt nun in der neuen Gladbacher Mannschaft? Des Trainers Taktik am ersten Spieltag ging voll und ganz auf. Dieter Hecking ließ nicht die „Doppel-Sechs“ der Vorsaison in Person von Christoph Kramer und Denis Zakaria ran, sondern schenkte Tobias Strobl und Jonas Hofmann das Vertrauen. Was aber nicht bedeutet, dass zum Beispiel Kramer, Weltmeister von 2014, plötzlich abgeschrieben sein muss. „Um Gottes Willen, nein“, sagte Hecking. „Das kann sich von Spiel zu Spiel ändern. Wir haben jetzt eine große Auswahl, und das Leistungsprinzip steht immer im Vordergrund.“ Hecking kann, vorausgesetzt die Verletzungen halten sich im Rahmen, aus dem Vollen schöpfen und auf den Fundus eines ausgewogenen Kaders setzen.

Der Konkurrenzkampf ist entbrannt. Neben Kramer und Zakaria „erwischte“ es auch die neue Stürmer-Hoffnung, den noch nicht ganz fitten 23-Millionen-Mann Alassane Plea. „Alassane hat ohne Murren akzeptiert, dass er nicht in der Anfangself steht“, erklärte Hecking. „Als er dann spät reinkam, hat er gleich gezeigt, was er drauf hat.“

Die beiden anderen Bundesliga-Debütanten, Louis „Jordan“ Beyer und Florian Neuhaus, erfüllten ihr Pensum effizient. „Geht raus, macht euren Job und genießt es einfach“, hatte Hecking den Jungprofis mit auf den Weg gegeben. Sie taten es mit Inbrunst. Neuhaus: „Es war unglaublich, ich bin total glücklich. Auch der Zusammenhalt in der Fanszene war überragend.“

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