NADA-Streit: Sportler kritisieren Datenschützer

Berlin (dpa) - Die Kritik von Datenschützern am Dopingkontrollsystem der NADA stößt in der Sportpolitik, bei Medizinern und auch betroffenen Athleten auf Ablehnung.

Die aktuelle Praxis bringe die „eine oder andere Härte für deutsche Spitzensportler mit sich“, sagte Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, der Tageszeitung „Die Welt“. „Ich sehe im Moment aber keine wirkliche Alternative zum bestehenden System.“

Kurz vor der Konferenz der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) am 8. Dezember in Düsseldorf hatten Landesdatenschützer die Kontrollen von Spitzensportlern in einem vertraulichen Dokument als „rechtswidrig“ bezeichnet. Die umfassende Meldepflicht der Athleten gegenüber der NADA greife „in geradezu erschreckender Weise in die Persönlichkeitsrechte der Sportler ein“, sagte der Landesbeauftragte für den Datenschutz Rheinland-Pfalz, Edgar Wagner.

Nach diesen Vorwürfen rückt das NADA-System in den Fokus des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. „Klar ist: Steuergelder kann es nur für einen möglichst sauberen Spitzensport geben, daran müssen wir im Parlament großes Interesse haben“, sagte Freitag.

Sollte das derzeitige System gekippt werden, warnen Sportler vor weitreichenden Konsequenzen. „Das wäre eine Katastrophe, weil das würde bedeuten, wenn wir den Code der NADA nicht erfüllen würden, dann wären wir international nicht startberechtigt“, sagte Weitsprung-Europameister Christian Reif dem ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. Für den Datenschutzbeauftragten von Schleswig- Holstein, Thilo Weichert, entstünde indes durch eine Verweigerung der Starterlaubnis „die öffentliche Diskussion, die meines Erachtens dringend notwendig ist“.

Wie Reif zeigte sich auch Imke Duplitzer, Europameisterin im Degenfechten, verärgert über den Vorstoß der Datenschützer: „Das bedeutet, dass deutscher Leistungssport tot ist und dass die Leidtragenden wieder die Athleten sind, die [...] sauber darauf hingearbeitet haben, an Wettkämpfen teilzunehmen.“

Handball-Nationaltorwart Johannes Bitter unterstützte hingegen die Kritik am Meldesystem. Die Kontrollpraxis, bei der sich auch Minderjährige vor dem Kontrolleur entblößen müssen, nähere sich „dem Verstoß gegen die Menschenwürde. Wir stehen für sauberen Sport, aber in der Vergangenheit wurden Grenzen überschritten, unsere privaten Freiräume eingeengt.“

In ihrem Dokument fordern die Datenschützer, dass die Vereine und Verbände auf Landesebene angewiesen werden, die Unterwerfung ihrer Athleten unter den Anti-Doping-Code „nicht mehr zu verlangen“. Für Dopingforscher Werner Franke ist dieses Schreiben „ein Kabarettprodukt“ und „entfernt von jeder Wirklichkeit“. „Es würde praktisch ja bedeuten, dass man Doping unter Sportlern freigäbe“, sagte der Heidelberger Molekularbiologe „Report Mainz“.

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