Neuer WADA-Chefermittler „Mr. Hunter“: Younger jagt Doping-Sünder

Lausanne (dpa) - Das Aufspüren von Sportbetrügern und Dopern soll durch den deutschen Kriminalbeamten Günter Younger eine neue Qualität für die Welt-Anti-Doping-Agentur erreichen. Bei der Polizei in Bayern nannten Kollegen ihn „Mr.

Neuer WADA-Chefermittler: „Mr. Hunter“: Younger jagt Doping-Sünder
Foto: dpa

Hunter“.

Dem Spitznamen will er auch als WADA-Direktor für Investigation alle Ehre machen. „Für mich ist ein Doping-Jäger einer, der saubere Athleten schützt“, erklärte Younger im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Um Dopern oder Systemen des Dopings auszuspüren, setzt er auf Whistleblower.

Auch mit Hilfe der neu geschaffenen digitalen Plattform „Speak Up“ will die WADA Athleten, Trainer oder Funktionäre ermuntern, über Doping-Verstöße oder -Systeme auszupacken. „Es ist ein weiteres, wichtiges Mittel, weil man mit Ermittlungen im Sport viel erreichen kann“, sagte Younger, der auch bei Interpol tätig war. „Da wir weder Polizei noch Strafverfolger und die Möglichkeiten des Ermittelns limitiert sind, braucht es Whistleblower, um im Doping-System Augen zu haben.“

In seiner Karriere habe er keinen großen Fall erlebt, der aufgeklärt wurde, bei dem kein Whistleblower involviert war. Der Umgang mit Menschen, die Betrug enthüllt haben, ist für den Sport kein Ruhmesblatt wie der Fall Julia Stepanowa zeigte. Die Russin deckte das vom Staat mitgetragenen Doping in ihrem Land als Kronzeugin auf. Nachdem sie in der ARD-Doku „Geheimsache Doping“ im November 2014 auspackte, war sie Anfeindungen ausgesetzt, musste fliehen, sich verstecken sowie lange um Hilfe und Unterstützung betteln.

So etwas soll mit den Whistleblower, die sich bei der WADA melden, nicht mehr passieren. „Vertrauenswürdigkeit ist das Schlüsselwort“, sagte Younger. „Wir müssen so menschlich wie möglich sein. Es sind Emotionen dabei, die man ernst nehmen muss.“ Hinzu kommt die Gewährung von Rechtshilfe oder finanzielle Unterstützung. „Wir wollen eine Strategie zur Rekrutierung und den Umgang mit Whistleblower entwickeln“, erklärte Younger, der sich selbst um sie kümmern will.

Der Bedarf, sich von bedrückenden Doping-Geheimnissen zu befreien, scheint da zu sein. Als die WADA-App „Speak Up“ geöffnet wurde, trafen noch in der Nacht pausenlos Meldungen von Informanten in Youngers Handy sein.

Es gibt auch über die WADA hinaus Angebote für Whistleblower, sich zu offenbaren. So die vom ARD-Journalisten und Doping-Aufklärer Hajo Seppelt eingerichtete SportLeaks.com. „Rund 60 Informanten haben sich bisher gemeldet“, sagte Seppelt. Auch die Nationale Anti-Doping-Agentur in Bonn hat eine Internet-Platform („Sprich's an“) für anonyme Hinweise geschaffen.

„Wir wollen ein großes Netzwerk mit allen Partnern schaffen“, sagte Younger. „Mit den nationalen Agenturen, den Athletenkommissionen, den Fachverbänden oder Interpol.“ Der Austausch über offenbartes Wissen von Whistleblower könnte damit besser nutzbar gemacht, aber auch Ermittlungen im Sport könnten erleichtert werden.

„Ein guter Ermittler muss kreativ sein, offene Quellen oder Interviews nutzen. Denn E-Mails mit brisanten Inhalt werden nicht mehr so oft verschickt“, sagte Younger, dessen WADA-Abteilung bis April auf sechs Mitarbeiter ausgebaut wird. Dass man von einem Whistleblower auf eine Fährte gebracht wird, die Doping in der unglaublichen Dimension von Russland zu Tage fördert, erwartet er jedoch nicht. „Ich glaube nicht, dass es woanders ein so perfektes System gibt, das über Jahre etabliert worden ist“, meinte Younger.

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