Triumph in Silverstone „Gekämpft wie ein Löwe“: Vettel erobert Hamiltons Reich

Silverstone (dpa) - Sebastian Vettels Siegestänzchen verfolgte Lewis Hamilton mit versteinerter Miene. Im Formel-1-Reich seines britischen Titelrivalen trotzte der deutsche Ferrari-Star seinen heftigen Nackenschmerzen und festigte mit dem furiosen Erfolg in Silverstone seine WM-Führung.

Triumph in Silverstone: „Gekämpft wie ein Löwe“: Vettel erobert Hamiltons Reich
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„Ich bin sehr glücklich, das ist super gelaufen“, sagte Vettel nach dem packendsten Rennen seit langer Zeit. Mercedes-Star Hamilton rettete nach einem Unfall mit Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari am Start zwar noch Platz zwei, war aber sichtlich verbittert über den verpassten fünften Heimsieg in Serie.

Triumph in Silverstone: „Gekämpft wie ein Löwe“: Vettel erobert Hamiltons Reich
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Zornig auf den drittplatzierten Ferrari-Fahrer Räikkönen und tief enttäuscht schwänzte der 33-Jährige zunächst die Pflicht-Interviews auf der Zielgeraden und flüchtete in den Raum hinter dem Siegerpodium, um sich zu sammeln. „Ich hätte Euch diesen Sieg gern geschenkt“, rief Hamilton später ins Publikum und versprach: „Ich gebe niemals auf.“ Auf acht WM-Punkte ist sein Rückstand auf Vettel gewachsen, der nun seinerseits in zwei Wochen ein Heimspiel in Hockenheim hat.

Der WM-Spitzenreiter hatte sich den zweiten Erfolg in Silverstone nach 2009 durch einen Klassestart verdient, als er den Lokalhelden Hamilton hinter sich ließ. Doch Vettel musste bis zum Schluss um seinen vierten Saisonerfolg kämpfen. Nach zwei Safety-Car-Phasen lag er hinter Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil nur noch auf Rang zwei. Er drängte sich jedoch fünf Runden vor dem Ende mit einem tollen Manöver wieder vorbei, war nicht mehr zu stoppen - und das trotz des verletzten Nackens. „Mit dem ganzen Adrenalin ist das vergessen“, beteuerte Vettel. „Ich war wirklich besorgt, er hat heute gekämpft wie ein Löwe“, sagte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene.

Für Mercedes und Hamilton war es nach dem technisch bedingten Doppel-Ausfall von Österreich eine Woche zuvor die nächste Enttäuschung. „Das war die Schadensbegrenzung, die wir erreichen konnten. Zufrieden bin ich nicht“, sagte Teamchef Toto Wolff.

Dabei hatte alles nach der nächsten Triumphfahrt für Hamilton ausgesehen, der nach zuletzt vier Heimsiegen in Serie Rekordgewinner in Silverstone hätte werden können. In der Qualifikation am Samstag sicherte er sich gerade noch den besten Startplatz vor Vettel. Doch mit einer Blitzreaktion ließ der Deutsche seinen WM-Rivalen sofort hinter sich und übernahm noch vor der ersten Kurve die Führung.

Hamilton dagegen kam schwer vom Fleck und musste auch Teamkollege Bottas vorbeiziehen lassen. Auch Räikkönen witterte seine Chance. Der Finne zwängte sich neben Hamilton, beide Autos berührten sich und der Mercedes-Star fiel nach einem Dreher bis auf Platz 18 zurück. „Mein Auto ist kaputt“, klagte Hamilton am Boxenfunk. „Schaden hinten rechts“, meldete er wenig später. Doch vom Kommandostand kam Entwarnung. Die Leistungsdaten des Silberpfeils deuteten nicht auf schwerwiegende Unfallfolgen hin.

Die Rennleitung verurteilte Räikkönen als Schuldigen für den Crash zu einer Zehn-Sekunden-Strafe, der 38-Jährige gab später seinen Fehler zu. Da hatte Hamilton längst mit Wut im Bauch seine Aufholjagd begonnen, die ihn bis zur Rennmitte bis auf Platz drei führte.

Das Duell um den Sieg allerdings fuhren lange Vettel und Bottas aus. Die nächste Wende erfuhr das Rennen in Runde 32. Der Schwede Marcus Ericsson verlor die Kontrolle über seinen Sauber und krachte in die Reifenstapel. Das Safety-Car kam auf die Strecke. Nun waren die Strategen gefragt. Zuletzt in Österreich hatte ein Taktikfehler bei Mercedes Hamilton die Rennführung gekostet. Auch diesmal entschied sich das Werksteam, beide Piloten auf der Strecke zu lassen, während Vettel neue Reifen holte.

Hamilton, der nun hinter Bottas und Vettel auf Rang drei lag, fragte irritiert nach: „Wie soll ich denn Vettel schlagen, wenn er frische Reifen hat?“ Die Antwort vom Kommandostand: „Du warst Meilen schneller als die Anderen.“ 15 Runden vor Ende wurde das Rennen wieder freigegeben - und es folgte der nächste Crash. Romain Grosjean im Haas und Carlos Sainz im Renault landeten nach einem Zweikampf in der Streckenbegrenzung. Wieder kam das Safety-Car.

Als die Unfallstelle geräumt war, blieben Vettel noch zehn Runden, sich wieder Platz eins zurückzuholen. Zugleich hatte er Hamilton im Rückspiegel. Es entwickelte sich eine dramatische Schlussphase. Vettel versuchte es immer wieder, ehe er endlich an Bottas vorbei war. Der Finne musste dann auch noch Hamilton und Räikkönen passieren lassen. Dann war der Krimi vorbei.

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