Was war, ist nicht wichtig: Der Mensch Schumacher zählt

Grenoble (dpa) - In den schwersten Tagen im Leben von Michael Schumacher verkommen auch alte Rivalitäten zu völligen Nebensächlichkeiten. „Was im Leben zählt, ist sich an die guten Zeiten zu erinnern“, schrieb Schumachers ehemaliger Ferrari-Teamkollege Rubens Barrichello: „Wir beten für dich.“

Was war, ist nicht wichtig: Der Mensch Schumacher zählt
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Er, der zu Schumachers Glanzzeit bei Ferrari als Schattenmann dahindarbte, die Demütigungen nie richtig überwand. Den Schumacher in seinem ersten Comeback-Jahr 2010 kompromisslos bei fast 300 Sachen in die Mauer beim Großen Preis von Ungarn drängte. „Ihr kennt Michael, man spricht mit ihm und er wird immer sagen, dass er recht habe“, sagte der Brasilianer damals.

Typ Everybody's Darling war Schumacher nie. Schumachers Credo: „Ich mache einen Job, und den will ich bis zum absoluten Maximum erfüllen. Wenn du gewinnen willst, gehst du an alle Grenzen.“ Schumacher nannte das einmal „konsequent“. „Du musst manchmal brutal sein, auch zu dir selbst, wenn du im Wettbewerb stehst.“

Als Schumacher Ende 2006 bei seinem letzten Rennen vor seinem ersten Formel-1-Ruhestand vom zehnten Startplatz aus mit einer grandiosen Leistung wie zu allerbesten Zeiten noch auf Rang vier raste, schrieb die italienische Zeitung „La Repubblica“: „Der Roboter, der uns nicht gefiel, hat es geschafft, uns mitzureißen.“ Und der britische „The Independent“ meinte damals: „Schumacher wurde oft kritisiert. Aber er verabschiedete sich in Brasilien so, wie er 1991 in Belgien angefangen hatte: als Held.“

2006 verpasste Schumacher seinen achten WM-Titel. Die sieben zuvor hatten ihn aber längst zum erfolgreichsten Piloten in der Geschichte der Formel 1 gemacht. Unnachgiebig, immer auf der Suche nach Verbesserungen - das machte den Formel-1-Gewinner Schumacher aus.

So kalt und distanziert er in seiner ersten und von Erfolgen gespickten Karriere mit 91 Rennsiegen und den sieben Titeln von 1991 bis 2006 auch für die Öffentlichkeit wirkte, so menschlich und mitreißend war der Teamplayer Schumacher. Erst wenn alles in Ordnung war mit dem Wagen, war der Arbeitstag des Formel-1-Piloten Schumacher erledigt.

Schumacher hatte sich schnell den Status als DIE Nummer eins erworben. Seine Teamkollegen wie Barrichello waren letztlich nur Wasserträger. Schumacher war aber immer loyal zu seinen Arbeitgebern. Auch als in seiner zweiten Karriere von 2010 bis 2013 im Mercedes die Hoffnungen auf weitere Siege oder gar Titel nicht erfüllt wurden, gab es kein böses Wort von Schumacher. Nur den Antrieb, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Die historischen Leistungen des Rheinländers riefen Neid, aber letztlich unmessbaren Respekt hervor. Auch davor, trotz Ruhms, trotz Reichtums eigentlich der geblieben zu sein, der Schumacher vor seiner Karriere war. In seinen schwersten Stunden stehen Schumacher nun Ex-Kollegen, Formel-1-Teams, andere Sportstars von Dirk Nowitzki bis Boris Becker, FIFA-Präsident Joseph Blatter und sogar ehemalige US-Präsidenten in Gedanken bei. „Ich bete für ihn und seine Familie“, twitterte Bill Clinton.

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