„Vom anderen Planeten“: Vettel winkt Spazierfahrt

Melbourne (dpa) - Nach Sebastian Vettels Superstart von Melbourne muss die Formel 1 eine Spazierfahrt des Weltmeisters zum 2. Titel fürchten. „Vettel schien auf einem anderen Planeten“, bekannte Vize-Weltmeister Fernando Alonso, der als 4. im Ferrari zu den Geschlagenen gehörte.

Der pfeilschnelle Auftaktsieger des Großen Preises von Australien will aber nicht abheben. „Wir sollten mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben“, mahnte der extrem gereifte 23-jährige Vettel.

Doch auch die internationale Presse huldigte dem Heppenheimer. Der britische „Daily Telegraph“ fragte bereits nach dem ersten von vorerst 18 weiteren Saisonrennen: „Kann jemand den Formel-1-Champion einfangen?“ Das spanische Blatt „El Mundo“ stellte fest: „Die Überlegenheit, mit der Sebastian Vettel das Rennen gewann, ist beinahe erschreckend.“

Selbst im Ferrari-Land Italien verneigte man sich vor dem Hessen. „Bravissimo!“, gratulierte „La Gazzetta dello Sport“: „Das Wunderkind hat die Saison so begonnen, wie es die letzte beendet hatte.“ Die Erklärung für den brillanten Auftritt seines Weltmeisters lieferte Red-Bull-Teamchef Christian Horner: „Wir sind noch besser vorbereitet auf die WM und den Druck als im letzten Jahr.“

Er denke nicht, dass es ein einfaches Rennen war, meinte Vettel allerdings. „Wir machen es Schritt für Schritt. Wir wollen Spaß haben und hart arbeiten“, nannte der Heppenheimer die Parole für die WM-Mission - und gönnte sich erstmal einen Kurz-Urlaub. An einen Selbstläufer mag der „junge Maestro“ („The Age“) aber nicht glauben, obwohl beim RB7 noch längst nicht das gesamte Potenzial ausgeschöpft ist. „Es wird eng werden“, meinte der Hesse, der 2010 erst im Saisonfinale den Titel erobert hatte.

An diese Hoffnung klammern sich auch die Verfolger, zu denen sich vor allem der Melbourne-Zweite Lewis Hamilton zählt. „Sie haben einen kleinen Vorsprung. Ich bin aber überzeugt davon: Wir können diese Lücke schließen“, beteuerte der britische McLaren-Pilot. Zwar hatte der Weltmeister von 2008 nur im ersten Renndrittel Vettels Tempo folgen können, doch allein das galt in seinem Lager schon als gutes Omen. „Für uns war es sicherlich ein sehr ermutigender Start“, befand Teamchef Martin Whitmarsh.

Noch bei den Testfahrten war der neue McLaren MP4-26 weit abgeschlagen, in Australien plötzlich Vettel-Jäger Nummer eins. „Mit diesem Paket kann es nur voran gehen. Meine Jungs und ich wissen genau, wo wir noch mehr herausholen können“, meinte Hamilton. „Das muss er ja sagen, sonst braucht er ja gar nicht zum nächsten Rennen antreten. Ob er es glaubt, ist eine andere Sache“, konterte Vettel-Boss Horner.

Ferrari konnte sich nach dem Auftakt-Rückschlag gleich gar nicht zu einer Kampfansage durchringen. „Wir schauen jetzt erstmal nicht auf die anderen“, befahl Teamchef Stefano Domenicali. „Wir wissen, dass wir uns verbessern müssen, aber es ist zu früh für Vorhersagen“, betonte Alonso, der sogar dem drittplatzierten Russen Witali Petrow den Vortritt aufs Podium lassen musste.

Michael Schumachers Mercedes-Team hat sich nach dem Debakel „down under“ womöglich schon wieder aus dem Kreis der Vettel-Herausforderer verabschiedet. „Wir sollten dieses Rennen jetzt schnell abhaken“, forderte der Rekordweltmeister nach dem Totalausfall der Silberpfeile. „Wir werden Ruhe bewahren. Hektik wäre das Rezept zum Scheitern“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

Von Schumachers Optimismus, den die Jahresbestzeit bei den Testfahrten bestärkt hatte, schien nur noch wenig übrig. Eilig versicherte Teamchef Ross Brawn: „Wir werden unsere Stärke als Mannschaft beweisen, uns neu formieren und nach vorn schauen.“ Der Favorit aber ist für Mercedes derzeit außer Sichtweite. „Red Bull ist weg, aber man muss im Verfolgerpulk eine Rolle spielen“, lautet daher Norbert Haugs Vorgabe.

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