Indien-Debüt: Fahrer beeindruckt, Gastgeber stolz

Greater Noida (dpa) - Das klischeehaft erwartete Chaos blieb aus, die Formel 1 ist von ihrer jüngsten Eroberung begeistert: Indien hat voller Stolz ein gelungenes Grand-Prix-Debüt gefeiert.

Anders als bei den pannenreichen Commonwealth Games im vergangenen Jahr lief beim ersten Formel-1-Rennen auf indischem Boden fast alles rund. „Es ist perfekt, ich bin tief beeindruckt“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug der Nachrichtenagentur dpa in Greater Noida.

Auch der erste Indien-Sieger Sebastian Vettel genoss die Tage auf dem Subkontinent sichtlich. „Die Begeisterung der Leute ist großartig“, erklärte der Red-Bull-Pilot. Die Formel 1 ist sich sicher: Indien hat Potenzial - ganz anders als die Rennen in der Türkei, Südkorea oder Bahrain. „Ich bin ganz sicher, dass Indien zu den ganz, ganz wichtigen Grand Prix der Zukunft wird“, sagte Haug stellvertretend für viele.

Im Vorfeld hatte es zahlreiche Bedenken gegeben, richtige Probleme gab es jedoch nicht. Nur beim Freitagstraining störten ein paar streunende Hunde, doch auch dies blieb eine Episode am Rand. „Viele Menschen waren skeptisch, wir haben ihnen das Gegenteil bewiesen. Die Fahrer lieben die Strecke, sie ist komplett, sie ist fertig. Das Rennen findet statt, es ist real, ein Traum wird wahr“, sagte Sahara-Force-India-Teamchef Vijay Mallya.

Der Achterbahn-Kurs aus der Feder des Architekten Hermann Tilke sorgte für wahre Begeisterungsstürme bei den Piloten. „Sie haben einen tollen Job gemacht. Bei anderen neuen Strecken hat es immer hier und da ein bisschen was gegeben“, sagte Vettel. Nico Rosberg sprach gar von einer neuen Lieblingspiste: „Sao Paulo ist auch eine tolle Strecke, aber die hier ist großartig.“

Kleine Organisationsprobleme wie kurze Stromausfälle und die Suche nach hochwertigen Lebensmitteln nahmen die Teams gelassen. „Ich hatte ehrlich gesagt ein bisschen Befürchtungen, aber es gab überhaupt nichts“, bekannte Haug.

Das Rennen verlief dank des Eifers der Gastgeber störungsfrei und begeisterte auch die Stars am Streckenrand. „Wir mögen den Lärm, wir machen selbst viel Lärm. Ich denke, das wird ein Riesenerfolg hier“, sagte Bollywood-Ikone Shah Rukh Khan dem TV-Sender RTL. Anders als zuletzt in Südkorea waren auch die Tribünen gut besetzt.

So blieb nur die Frage zurück, ob es bei allem wirtschaftlichen Aufschwung im ehemaligen Entwicklungsland richtig war, (jetzt schon) in Indien zu fahren. Smog, Staub in der Luft und vor allem bittere Armut überraschte die Piloten. Timo Glock (Marussia Virgin) sprach als Einziger aus, dass es möglicherweise besser gewesen wäre, „erst in fünf Jahren hierherzukommen“. Haug widersprach. „Jetzt, wo ich das sehe, hat es noch mehr Bedeutung“, sagte der Schwabe. Die Formel 1 könne ein Motor für das Land sein.

„Wie viele Menschen hier dran verdient haben, ist doch toll“, sagte Rosberg. Diese Sichtweise wurde indes schnell als etwas naiv entlarvt. In nahezu allen Teamgaragen nisteten sich die bettelarmen Bauarbeiter der Rennstrecke mitsamt ihrer Familien ein, um wenigstens für begrenzte Zeit ein Dach über dem Kopf zu haben.

Bei aller Armut schlossen die Inder das neue Event sofort in ihr Herz. Voller Stolz strömten die Zuschauer zur Strecke. Besonders Adrian Sutil vom Heimteam Sahara Force India bekam dies zu spüren. Wann immer die Boliden des Rennstalls auf die Strecke fuhren, rasten die indischen Fans vor Begeisterung. „Das ist unglaublich. Es scheint, als sei dieser Kurs Teil unseres Teams. Wir alle sind so stolz für die indischen Nationalfarben weiß, grün und orange zu fahren“, sagte Sutil.

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