Hamilton top zum Russland-Auftakt - Rosberg zu „kreativ“

Sotschi (dpa) - Nach einer zu „kreativen“ Setup-Wahl hat Nico Rosberg seinem Mercedes-Widersacher Lewis Hamilton das Prädikat Tagesschnellster beim ersten Formel-1-Grand-Prix in Russland überlassen müssen.

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Der WM-Spitzenreiter aus Großbritannien verewigte sich mit der ersten Runde auf dem neuen 5,853 Kilometer langen Kurs im Olympiapark von Sotschi in unter 1:40 Minuten. Hamilton brauchte in der schnelleren zweiten Session am Nachmittag fast eine Sekunde weniger als Rosberg, der am Morgen noch auf Platz eins gerast war.

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Grund für seinen schwächeren zweiten Auftritt war ein „sehr kreatives Setup“, sagte Rosberg. „Wir werden morgen zu der konservativeren Variante zurückkehren“, kündigte er für das samstägliche Training und das Qualifying an. „Wir haben gesehen, dass Lewis damit sehr schnell unterwegs war“, betonte Rosberg. Der gebürtige Wiesbadener liegt im WM-Klassement vor dem 16. von 19 Saisonrennen zehn Punkte hinter seinem Silberpfeil-Rivalen, der in der ersten 90-minütigen Trainingseinheit Zweiter geworden war. Sein Rückstand dabei auf Rosberg gerade mal 65 Tausendstelsekunden.

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Wenig verwunderlich fiel nach diesem Warmfahren bei herrlichem Sonnenschein und Temperaturen über 20 Grad am Schwarzen Meer daher Hamiltons erstes Fazit aus. „Ich mag die neue Strecke. Sie bietet viel Grip und großartige Kurven, viele davon sind mittelschnell“, sagte er. Der achtmalige Saisonsieger - drei Erfolge davon zuletzt in Serie - zeigte sich aber überrascht ob der starken Konkurrenz von McLaren. Er meinte nach Rang zwei in der Endabrechung für den Dänen Kevin Magnussen und Rang drei für Fernando Alonso im Ferrari vor Rosberg: „Das ist großartig für alle Beteiligten, da es für ein spannendes Rennen sorgen sollte.“

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Ob Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel im viertletzten Rennen seiner Red-Bull-Ära auch vorne mitmischen kann, ist zunächst fraglich. Nur Platz neun unterm Strich. „Leider sind wir nicht ganz so schnell, wie wir sein wollen. Es scheint nicht eine Strecke zu sein, die für uns gemacht ist“, betonte der 27 Jahre alte Heppenheimer, dessen vermutlicher Wechsel zu Ferrari auch knapp eine Woche nach seiner Ankündigung, Red Bull nach der Saison zu verlassen, unbestätigt blieb.

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Dafür reagierte erstmals sein oberster Chef. „Erstens wussten wir, dass er Gespräche führt, und zweitens glaube ich, dass es bei aller Loyalität für einen Rennfahrer richtig ist, sich nach neuen Herausforderungen umzusehen“, sagte Dietrich Mateschitz in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

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Man habe auch nicht probiert, Vettel umzustimmen. „Ich hätte das auch nicht für richtig gehalten. Insbesondere unter den derzeitigen Voraussetzungen, angesichts des Handicaps von Red Bull Racing mit der derzeitigen Power Unit, braucht es keinen vierfachen Weltmeister im Team, der bei der derzeitigen Mercedes-Dominanz bestenfalls 'best oft the rest' werden kann“, erklärte der Red-Bull-Besitzer. Zudem seien mit dem Aufstieg von Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat als Vettel-Nachfolger „auch sehr hohe finanzielle Einsparungen verbunden“.

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So weit blickt Spitzenreiter Hamilton sportlich nicht in die Zukunft. Der 29 Jahre alte Brite will sich auch nicht mit den Gedanken beschäftigen, was passiert, wenn er den WM-Kampf gegen seinen gleichaltrigen deutschen Silberpfeil-Widersacher verliert. „Ich denke nie über das nächste Wochenende hinaus“, betonte Hamilton in einem dpa-Interview in Sotschi. Er arbeite aber seit sehr, sehr langer Zeit auf den zweiten Titel nach 2008 hin. „Es würde einen Unterschied in meinem Leben ausmachen“, betonte er.

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Mit einem Sieg auch beim Premierenrennen in Russland, zu dem auch Präsident Wladimir Putin zu erwarten sein dürfte, würde Hamiltons Vorsprung auf Minimum 17 Punkte wachsen. Vorausgesetzt Rosberg, der seit dem 20. Juli und dem Heimerfolg auf dem Hockenheimring seinem fünften Saisonsieg hinterher fährt, käme auf den zweiten Platz.

Für den ersten Konstrukteurs-Titel für Mercedes reicht aber bereits ein Sieg einer der beiden bei dem Rennen, das weiterhin auch unter dem beklemmenden Eindruck des schrecklichen Unfalls von Jules Bianchi vor knapp einer Woche in Suzuka steht. Dann könnte Red Bull nach vier Weltmeister-Jahren Mercedes in den noch ausstehenden Rennen in Austin (US-Bundesstaat Texas), Sao Paulo und Abu Dhabi nicht mehr von der Spitze der Konstrukteurswertung verdrängen.

Zum Feiern wird aber keinem Piloten in Sotschi zumute sein. Auch fünf Tage nach dem Unfall von Jules Bianchi ließ das Schicksal des 25-Jährigen die Kollegen nicht los. Sein Marussia-Team wird zu Ehren des Franzosen den neu aufgebauten Wagen mit der Nummer 17 unberührt lassen.

Der Internationale Automobilverband plant nun die Einführung einer Art Tempolimit auf Knopfdruck in entsprechenden Situationen wie der in Suzuka, als Bianchi in einen Bergungskran krachte und schwere Kopferletzungen erlitt. „Wir dürfen nicht noch mal vor so seiner Situation stehen“, betonte Verbandschef Jean Todt, der Bianchi seit zehn Jahren gut kennt. „Als Mensch ist es für mich sehr hart. Es betrifft mich sehr“, räumte Todt ein: „Jedes einzelne Leben ist wichtig, wir müssen das Äußerste leisten.“

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