Bradl trotzt Hype: Privatleben ist wichtiger

Valencia (dpa) - Stefan Bradl braucht beim WM-Finale ein dickes Fell - auch von den Psychospielchen um einen möglichen Startverzicht seines Rivalen Marc Marquez will er sich nicht beirren lassen. Der 21-Jährige kann am Sonntag nach 18 Jahren wieder einen Motorrad-WM-Titel nach Deutschland holen.

In der Moto2-Kategorie muss der Zahlinger in Valencia mindestens Platz 13 belegen, um seinen komfortablen Vorsprung von 23 Punkten auf den Spanier Marquez zu verteidigen. Marquez geht laut einer Mitteilung auf seiner Internetseite zwar von einer Rennabsage aus, wollte sich aber dennoch nicht endgültig geschlagen geben: „Wir können nicht sehr optimistisch sein, aber die Ärzte sagen, dass eine kleine Möglichkeit der Besserung gibt. Mal sehen“, teilte der Spanier mit. „Erst wenn er nicht in der endgültigen Startaufstellung am Sonntag auftaucht, glauben wir, dass er nicht fährt. Bis dahin konzentrieren wir uns einzig und allein auf uns“, hieß es aus Bradls Umfeld, das die Vorbereitungen auf den entscheidenden Grand Prix so angeht wie jedes andere Rennen.

Seit dem Grand Prix von Malaysia mit dem Unfalltod des Italieners Marco Simoncelli hat sich Bradl viele Gedanken über die Risiken seines Sports gemacht. Seine Erkenntnis: Der Hype um seine Person derzeit tut zwar gut, doch das Wichtigste für ihn ist sein Privatleben. Das unterstrich er in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. „Das Privatleben ist für mich das Wichtigste überhaupt. Ich weiß wie es ist, wenn man nicht so im Rampenlicht steht wie jetzt. Und da sind dann die wichtigsten Bezugspersonen die Familienangehörigen“, erzählte Bradl.

Da er nach wie vor im Elternhaus lebt, herrscht enger Kontakt zu Vater Helmut, als ehemaliger WM-Zweiter Insider der Motorrad-Szene. Doch Tipps braucht der Kalex-Pilot heute nicht mehr. „Technisch und fahrerisch ist es soweit, dass wir gar nicht mehr reden. Er fragt zwar interessiert nach verschiedenen Dingen. Aber ich glaube, er hat keine Tipps mehr auf Lager und kann mir nicht wirklich helfen“, sagte Bradl, der sich so oft wie möglich zurückzieht. Mit zwei echten Freunden zieht er dann auch mal um die Häuser, geht ins Kino oder Kaffeetrinken. Bei Musik von U2 und Linkin Park entspannt er sich.

Bradl weiß, wie er die jetzigen Erfolge einordnen muss, denn er hat auch schon bittere Zeiten erlebt. So wie 2007, als er sich im Unfrieden von Repsol trennte und seine Karriere faktisch für beendet erklärte. Sachkundige aber gaben das Talent nicht auf und holten es zurück auf die Rennstrecken. „Daraus bin ich schlau geworden und habe viel gelernt. Es interessiert sich keine Sau für dich, wenn du am Boden liegst. 2008 war ich dann schon das deutsche Aushängeschild und das ist so wie jetzt sehr schön. Nur kann ich jetzt anders damit umgehen und habe gelernt, auch mal Nein zu sagen. Das ist sehr wichtig“, erzählte der Sportwagen-Fan.

Ein Luxusauto leisten kann sich Bradl trotz der Erfolge noch nicht. „Natürlich verdiene ich durch die Prämien auch etwas mehr. Aber man kann da nicht von reich sein reden. Ich komme gut über die Runden, aber ich habe schon noch vor, in die MotoGP zu gehen und dann etwas mehr zu verdienen“, berichtete er. Ob es nach den bislang gescheiterten Versuchen, in der kommenden Saison in die „Königsklasse“ aufzusteigen, doch noch Chancen gibt, bleibt offen.

Zunächst sind seine Gedanken ganz auf das Saison-Finale fokussiert. „In Valencia war ich eigentlich immer schnell und gut dabei, wobei meine letzte Zielankunft war glaube ich 2007, als ich internationaler spanischer Meister wurde. Aber ich gehe davon aus, dass wir diesen Makel des Ausscheidens in diesem Jahr beheben werden“, sagte Bradl, der glaubt, „bis Ende 20 Rennen zu fahren.“ Über das, was danach kommen könnte, hat er noch keine Vorstellungen.

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