Milde Strafen für IOC-Topfunktionäre

Lausanne (dpa) - Nach zwölfmonatigen Ermittlungen gegen Issa Hayatou und Lamine Diack wegen Bestechungsvorwürfen sind die beiden afrikanischen IOC-Granden mit milden Strafen davongekommen.

Die IOC-Exekutive erteilte Afrikas Fußball-Chef Hayatou in Lausanne einen Verweis, Diack, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF), kam sogar mit einer Verwarnung davon. Beide Funktionäre dürfen im IOC bleiben.

„Der Unterschied zwischen einer Verwarnung und einem Verweis ist wie der Unterschied zwischen einer Gelben und Roten Karte“, erklärte IOC-Präsident Jacques Rogge das harmlose Strafmaß. Der IOC-Vorstand folgte damit einer Empfehlungen der eigenen Ethikkommission, die vor knapp einem Jahr Untersuchungen gegen drei Spitzenfunktionäre eingeleitet hatte. Der dritte Beschuldigte, der 95 Jahre alte IOC-Doyen Joao Havelange, war einem drohenden Ausschluss durch seinen Rücktritt aus der Ringe-Organisation zuvorgekommen.

„Das IOC hat dadurch bewiesen, dass wir es ernst meinen. Wir zögern nicht zu handeln, wenn es nötig ist. Die Sportwelt weiß, dass wir eine verantwortungsvolle und transparente Organisation sind“, sagte Rogge, der bedauerte, „Kollegen und Freunde“ disziplinieren zu müssen. Dem Trio war Ende vergangenen Jahres in der BBC-Sendung „Panorama“ Bestechlichkeit unterstellt worden. Unmittelbar danach hatte die IOC-Justiz ein Verfahren begonnen. Alle drei sollen zu den Begünstigten in der Schmiergeldaffäre um die ehemalige Schweizer Rechtevermittlungs-Firma ISL/ISMM gehören, die 2001 in Konkurs gegangen war - alle drei haben Verfehlungen bestritten.

Hayatou, seit 2001 im IOC, war vorgeworfen worden, 1995 von der inzwischen insolventen ISL-Gruppe 20 000 Euro erhalten zu haben. Der Spitzenfunktionär aus Kamerun, zudem im Vorstand des Fußball-Weltverbandes (FIFA), behauptete, es sei eine Zahlung für die 40-Jahr-Feier des afrikanischen Verbandes gewesen. Die ISL war damals Marketing-Partner der FIFA, und Hayatou Vize-Präsident des Weltverbandes. Diese Tatsache bewerteten die IOC-Ermittler als Interessenkonflikt.

Der Vertrag, den Hayatou als vermeintlichen Beleg für die damalige Überweisung präsentierte, wurde laut IOC am 25. Mai 2011 erstellt. So sei nicht erwiesen, dass die Zuwendungen tatsächlich an den Verband gingen. Durch seine Verfehlungen habe Hayatou dem Ruf der olympischen Bewegung einen beträchtlichen Schaden zugefügt.

Diack kassierte 1993 drei Zahlungen in Höhe von insgesamt 58 880 Schweizer Franken (etwa 48 000 Euro). Der IAAF-Chef erklärte, der ehemalige ISL-Topmanager Jean-Marie Weber habe ihm diese Summe zum Wiederaufbau seines abgebrannten Hauses gespendet. Der Senegalese bestätigte zudem, dass die IAAF am 22. Juni 1993 einen Marketing-Vertrag mit der ISL abgeschlossen hatte. Er selbst sei aber in die Verhandlungen nicht involviert gewesen, behauptete Diack, seit 1999 im IOC. Der Zwischenfall mit seinem zerstörten Haus wurde trotz des vorliegenden Interessenkonflikts als strafmildernd betrachtet.

Havelange soll sich sogar mit mindestens 1,5 Millionen Schweizer Franken (rund 1,25 Millionen Euro) bereichert haben. Der Fall wurde von Rogge aber offiziell als beendet erklärt. Die Ergebnisse der Untersuchungen gegen den Brasilianer, von 1974 bis 1998 FIFA-Boss, bleiben geheim. Gegen Havelange-Nachfolger Joseph Blatter wird das IOC trotz des kolportierten Verdachts der Mitwisserschaft vorerst nichts unternehmen. Der Schweizer hatte von 1981 bis 1998 als FIFA-Generalsekretär eng mit Havelange zusammengearbeitet.

Blatter selbst hat bereits mehrmals die Veröffentlichung der brisanten ISL-Dokumente angekündigt, auf denen zahlreiche Namen bestechlicher Funktionäre stehen sollen. Dieses Vorhaben ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Das Strafgericht des Schweizer Kantons Zug, dem ehemaligen ISL-Hauptsitz, hatte festgestellt, dass zwischen 1989 und 2001 Schmiergelder in Höhe von 138 Millionen Franken an verschiedene Topfunktionäre des Weltsports für den Erwerb von Marketing- und TV-Rechten geflossen seien.

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