Warum Rehm bei der EM nicht starten darf

Verband verzichtet auf Nominierung des behinderten Weitspringers.

Warum Rehm bei der EM nicht starten darf
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Frankfurt/Main. Paralympics-Sieger Markus Rehm darf nicht als erster Behinderter bei der Leichtathletik-EM in Zürich antreten. „Ich finde es schade und enttäuschend“, sagte der Weitspringer nach der Entscheidung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), den 25-Jährigen nicht zu nominieren. Biomechanische Messungen der Sprünge von Rehm und seines Konkurrenten Christian Reif bei den deutschen Meisterschaften, als Rehm gewonnen hatte, hätten erhebliche Bedenken an einer Chancengleichheit geweckt.

„Die in Ulm gemessenen Werte zeigen auf, dass sich Anlauf und Absprung signifikant unterscheiden. Es besteht der deutliche Zweifel, dass Sprünge mit Beinprothese und mit einem natürlichen Sprunggelenk vergleichbar sind“, erklärte DLV-Präsident Clemens Prokop. Demnach sei Rehm langsamer angelaufen, habe aber eine überdurchschnittlich hohe Vertikalgeschwindigkeit beim Verlassen des Bodens gehabt. Dies könnte auf einen Katapulteffekt der Karbon-Feder der Prothese hinweisen. „Wir leben die Inklusion. Die Grenze der Inklusion ist die Vergleichbarkeit der Leistung, die Chancengleichheit im Wettkampf“, sagte Prokop.

Entgegen seiner Ankündigung, den DLV-Beschluss zu akzeptieren, hält sich der Leverkusener weitere Schritte offen. Die biomechanische Analyse könne keine Grundlage für seine Nichtberücksichtigung sein: „Das halte ich für schwierig und unseriös“, sagte Rehm. Er kann nun den Rechtsausschuss des DLV anrufen, wenn er gegen die Nichtnominierung juristisch vorgehen will.

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) wertete die Entscheidung „als Rückschritt bei den Bemühungen, eine Gleichstellung nichtbehinderter und behinderter Sportler anzustreben“. Enttäuscht zeigte sich auch die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. „Das ist kein guter Umgang mit der Leistungsfähigkeit von Behinderten, was ich sehr irritierend finde“, sagte Verena Bentele.

Noch nicht entschieden, aber davon auszugehen ist, dass der Weitspringer seinen Titel von Ulm an Reif abgeben muss. „Vorteil hin oder her. Für mich bist du dennoch ein Gewinner, denn du hast es allen gezeigt, wozu Sportler mit Behinderung fähig sind“, twitterte Reif in einer ersten Reaktion.

Der DLV will sich nun dafür einsetzen, dass beim Kongress des Weltverbandes IAAF 2015 in Peking eine klare Regel bezüglich des Startrechts von behinderten Sportlern bei Wettkämpfen beschlossen wird.

Für den Weitsprung-Wettbewerb nominierte der DLV neben Reif (Rehlingen) auch Sebastian Bayer (Hamburg) und Julian Howard (Karlsruhe). Insgesamt gehen 93 deutsche Athleten bei der EM an den Start, so viele wie seit 1998 nicht mehr.

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