Schwerer Gang von Höhne und Krantz - „Wie hart“

Berlin (dpa) - André Höhne quälte sich bei seinem WM-Heimspiel vor 100 000 Zuschauern bis zur völligen Erschöpfung, Sabine Krantz gab in der Hitze entkräftet auf. Als der Lokalmatador aus Berlin im Ziel am Brandenburger Tor das erste schattige Plätzchen gefunden hatte, sank er auf den Asphalt.

Sein Traum von einer Medaille über 20 Kilometer Gehen zerfloss in der Hitze der Prachtstraße „Unter den Linden“. „O Gott, wer zugeschaut hat, hat gesehen, wie hart es für mich am Schluss geworden ist“, sagte Höhne, nachdem er sich wieder aufgerappelt und seine Frau Janin und Söhnchen Luca Laurin in die Arme geschlossen hatte. Der 14. Rang? „Na ja, shit happens“, meinte der 31-Jährige.

Beim Frauen-Rennen beendete die deutsche Seriensiegerin Krantz (Wattenscheid) das Rennen auf Platz 26 liegend bereits nach etwa 40 Minuten. „Man will das hohe Tempo mithalten und unter die ersten Zehn kommen, vielleicht war das heute der Knackpunkt. Die Enttäuschung ist riesengroß, das ist einfach unendlich traurig“, sagte ihr Trainer Heiko Schulz. Ungeachtet der etwa 30 Grad zogen Titelverteidigerin Olga Kaniskina und Olympiasieger Waleri Bortschin ihr Tempo durch: Während Höhne 1:21:59 Stunden auf dem Zwei- Kilometer-Rundkurs benötigte, siegte der 22-jährige Russe in 1:18:41 vor dem Chinesen Hao Wang und dem Mexikaner Eder Sanchez. Bortschin war 2005 für ein Jahr wegen Ephedrin-Dopings gesperrt worden.

Seine Teamkollegin Kaniskina gewann einen Tag später in 1:28:09 Stunden mit großem Vorsprung vor Olive Loughnane aus Irland und Hong Liu aus China. Erstmals in der WM-Geschichte wurden die Medaillen in der Stadt und nicht in einem Stadion vergeben. „Das war Werbung für die Leichtathletik und ein großer Erfolg“, meinte Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), angesichts der Party am Straßenrand.

„Es hat einfach Spaß gemacht. Ich hätte nie gedacht, dass so viele Leute an die Strecke kommen“, meinte Publikumsliebling Höhne trotz des schweren Gangs. Der Sportsoldat brauchte nach seiner fünften WM-Teilnahme erst einmal einen Eisbeutel für den Kopf und einen für den Fuß: Zu allem Übel hatte er sich noch die Ferse geprellt. An den Absperrungen standen etwa 30 Freunde und Familienmitglieder - darunter seine Frau Janin, die mit dem Kinderwagen und dem vierjährigen Filius ebenfalls auf ihre Kilometer kam. „Es tut weh zu sehen, wenn er Schmerzen hat“, meinte sie. „Ich leide immer mit und bin froh, dass er gesund ins Ziel gekommen ist.“

Vorwerfen könne er sich nichts, sagte Höhne, der am Schluss den Rennens kaum noch etwas von seiner Umgebung mitbekommen hatte. „Zwischendurch habe ich mich schon gefragt: Junge, warum machst du das? Die letzten fünf Kilometer habe ich Mühe gehabt, ein Bein vor das andere zu setzen“, meinte der Lokalmatador, während ihm der Schweiß immer noch in Strömen über den Körper floss. Immer wieder habe er sich gesagt: „Junge, gib dich nicht auf. Es sind noch läppische vier Minuten.“ Ob er sich die 50 Kilometer noch antut, will der WM-Vierte von 2005 erst in zwei Tagen entscheiden - wenn er wieder bei Kräften ist.

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