Kontroverse um „Blade Runner“ Pistorius hält an

Daegu (dpa) - Das Internationale Olympische Komitee (IOC) legt dem beinamputierten 400-Meter-Läufer Oscar Pistorius vor einem Start bei den Olympischen Spielen 2012 keine Steine in den Weg.

Allerdings gibt es im Leichtathletik-Weltverband IAAF vor seinem WM-Start in Daegu und mit Blick auf die London-Spiele weiter große Bedenken, ob die High-Tech-Prothesen aus Carbon dem Südafrikaner nicht einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es geht auch um andere Sportarten wie Schwimmen“, sagte das IAAF-Council-Mitglied Helmut Digel (Tübingen) nach einer gemeinsamen Sitzung mit dem IOC-Exekutivkomitee in Daegu.

„Es wird immer Kontroversen geben“, erwiderte der 24-jährige Pistorius, dem der Internationale Sportgerichtshof (CAS) im Mai 2008 trotz eines Gutachterstreits das WM-Startrecht in Südkorea zuerkannte. „Seitdem vergeht kein Tag, an dem ich aufwache und nicht an London denke“, sagte der „Blade Runner“, wie er sich selbst nennt. An der Themse will er nicht nur an den Sommerspielen, sondern danach auch bei den Paralympics rennen. „Ich werden noch eine Menge Arbeit haben, da bin ich realistisch“, sagte er.

Keinen (Medaillen-)Träumereien gibt sich Pistorius vor dem historischen WM-Auftritt am Sonntag hin. „Ich hoffe, die Vorläufe zu überstehen und wäre zufrieden, an meine Bestzeit ranzukommen“, sagte er. „Auf jeden Fall wird es ein großer Tag werden, wenn ich in Daegu auf die Bahn gehe.“ Einer seiner prominentesten Fürsprecher ist 400-Meter-Weltrekordler Michael Johnson. „Ich unterstütze Oscar, denn die Sache ist durch den CAS geklärt“, so der Amerikaner.

Zurückhaltend äußerte sich IAAF-Präsident Lamine Diack zur olympischen Zukunft von Pistorius. „Wir haben entschieden, ihn hier starten zu lassen. Wir werden sehen, was es für ein Ergebnis bringt“, sagte der Senegalese. „Und es wird bei uns liegen, zu entscheiden, ob er in London 2012 teilnehmen kann und ob er bei den Paralympics und den Olympischen Spielen antreten darf.“ Festgelegt hat die IAAF, dass Pistorius bei einem denkbaren Einsatz in der 4 x 400-Meter-Staffel Südafrikas der Startläufer sein muss. „Damit er andere Läufer nicht gefährdet“, erklärte Diack.

Für IOC-Präsident Jacques Rogge ist die Situation klar. Der Südafrikaner Pistorius könne bei den London-Spielen laufen, wenn die formalen Voraussetzungen dafür erfüllt seien. „Wir brauchen von der IAAF ein Zertifikat über seine Teilnahmeberechtigung und er muss sich qualifizieren“, sagte der Belgier.

„Rogge ist clever. Er sieht das Problem, sagt aber, der Weltverband muss entscheiden, weil wir die Regeln machen“, sagte Digel. Das CAS-Urteil im Fall des viermaligen Paralympics-Siegers kann er nach wie vor nichts Gutes angewinnen. „Ich halte es für ein Fehlurteil“, meinte er. Das Rennen mit und ohne Prothese seien zwei verschiedene Disziplinen.“ Abgesehen von der technischen Frage, gehe es auch um die Regel-Hoheit der Sportverbände. „Wenn wir sagen, dass man bei unserer Leichtathletik zwei Füße und Schuhe braucht, geht es nicht um Diskriminierung“, erklärte Digel.

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