Kölns neue Sachlichkeit

Zvonimir Soldo übernimmt den FC. Der Kroate ist ein Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Christoph Daum.

Köln. Sie haben sich Zeit gelassen in Köln, zehn Tage lang unaufgeregt abgewägt, zumindest nach außen. Obwohl alle anderen schon einen Trainer hatten. Sie haben eine lange Liste an möglichen Kandidaten diskutiert: Skibbe, Slomka, Gross, Finke, Hecking, Götz, Olsen, sogar Hitzfeld, Adriaanse, Houllier, Ranieri. Alle fielen sie durchs Raster, weil sie nicht wollten, nicht durften, zu teuer waren oder nicht zu überzeugen wussten. Einer blieb übrig, und natürlich heißt es jetzt, er sei der absolute Wunschkandidat: Zvonimir Soldo. Der 41-jährige Kroate tritt beim 1.FC Köln die Nachfolge von Christoph Daum an. Michael Henke, einst ewiger Assistent von Ottmar Hitzfeld, wird Soldo zur Seite gestellt. Auf dessen Wunsch.

Kölns Verantwortliche gehen ein hohes Risiko ein. Sie holen sich einen Gegenentwurf zum alten Trainer ins Haus, noch dazu einen unerfahrenen, und das ganz bewusst. Hier Daum, der extrovertierte Zampano, aufgeladen bis in die Haarspitzen, polarisierend wie kaum ein Zweiter seiner Zunft. Dort Soldo, der unaufgeregte, stoische Hüne, als Spieler die Fleisch gewordene Zuverlässigkeit, Sachlichkeit und Bescheidenheit. Seinen Vorgänger schätze er als Fachmann, sagt er, „aber ich gehe meinen eigenen Weg“. Bis dahin ist Soldo in Köln noch der große Unbekannte.

Er weiß, dass er kein leichtes Erbe antritt. „Ein Aufsteiger hat es im zweiten Jahr immer schwer. Aber wir wollen mehr Punkte holen als im letzten Jahr und zu Hause eine Macht werden“, sagt er. Ihn feiern sie in Köln nicht als Messias wie einst Daum. Aber wahrscheinlich wäre das dem scheu wirkenden Soldo, 1998 mit Kroatien WM-Dritter, auch gar nicht recht.

„Ein guter Trainer ist der, der am wenigsten Schaden anrichtet“, hat er mal gesagt. Sein Vorgänger hätte eher so geklungen: „Ein guter Trainer ist der, der das meiste zu sagen hat.“

In Stuttgart, wo er ein Jahrzehnt das VfB-Trikot trug, hinterließ Soldo Eindruck, als defensiver Mittelfeldspieler, der dem magischen Dreieck Balakov-Elber-Bobic den Rücken frei hielt, als ein Leitwolf – auch abseits des Platzes. „Wenn er den Raum betritt, hat jeder gleich Respekt. Man spürt direkt, da kommt einer, der das Sagen hat“, sagt Kevin Kuranyi, der mit Soldo zusammen spielte. Joachim Löw, heute Bundestrainer und damals Soldos Vorgesetzter, sagt: „Als Spieler hat er bereits wie ein Trainer gedacht. Er ist sehr klug und besitzt ein großes Fußballwissen.“

2006, Soldo war fast 39, bekam er in Stuttgart keinen neuen Vertrag mehr. Aufhören wollte er noch nicht. Und da kam Köln ins Spiel. Der FC, zu der Zeit Zweitligist, wollte ihn verpflichten, doch der Transfer kam nicht zustande. Soldo zog trotzdem in die Domstadt und machte dort seinen Trainerschein. „Ich habe sieben Monate in Köln gelebt und habe mich dort sehr wohl gefühlt. Ich habe gesehen, welchen Wert der FC für die Leute hat“, sagt er – Liebe auf den zweiten Blick: Am Freitag unterschrieb er dann doch beim FC (bis 2011), wenn auch in anderer Funktion.

Doch was prädestiniert diesen Mann für den FC? Er spricht gut deutsch, kennt die Bundesliga. Und: „Er ist fußballverrückt, absolut geradlinig und kann auch unbequem sein“, sagt FC-Manager Michael Meier. Das Votum für den kroatischen Novizen in den FC-Gremien fiel einstimmig aus.

Soldo selbst sagt, er sei ein Arbeiter, der sich viel mit Taktik und Strategie beschäftige. Und dass er Wert auf Disziplin lege. Aber ob er auch mit dem hektischen, emotionalen Umfeld in Köln zurechtkommt? „Ich weiß schon, was ich hier mache“, sagt Soldo.

Knapp ein halbes Jahr trainierte er ab Januar 2008 Dinamo Zagreb und holte mit dem kroatischen Spitzenclub das Double. Dann ging er wieder, nachdem Dinamo seinen Topstar Luka Modric nach Tottenham transferiert hatte. Ein Jahr Pause, Hospitanz beim FC Arsenal. Jetzt steigt er wieder ein. „Die Bundesliga ist jetzt genau der richtige Schritt“, sagt er.

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