Klopp: "Es wird für Fortuna eine große Herausforderung"

Dortmund. Er gilt als der Trainer, der taktisches Verständnis und Emotionalität in idealer Weise verkörpert. Jürgen Klopp ist mit dieser Mischung Deutscher Meister mit Borussia Dortmund geworden.

Vor dem Pokalspiel bei Fortuna Düsseldorf am Dienstag sprachen wir mit dem Meistertrainer.

Herr Klopp, wie sehr hat es Sie überrascht, dass die Fortuna Herbstmeister in der 2. Bundesliga wurde und einen so guten Lauf hat?

Klopp: Wir sind über die Fortuna bestens informiert, und es ist kein Zufall, dass die Mannschaft da oben steht. Was Kollege Norbert Meier mit der Mannschaft veranstaltet, ist außergewöhnlich. Die Heimserie ist erschreckend — gewesen. Die ganze Vorrunde kein Spiel zu verlieren ist echt klasse. Ich war lange genug in der 2. Liga und habe da auch ein paar Punkte gesammelt. Bei Fortuna war alles dabei. Großer Fußball, Spektakel bis in die letzte Sekunde und auch Arbeitssiege. Die Mannschaft hat deutlich an Zug und Zielstrebigkeit gewonnen. Jetzt erntet sie die Früchte.

Das heißt, Sie haben schon Respekt vor dem Gegner?

Klopp: Der ist groß, aber es gibt nur einen Weg im Pokal weiterzukommen. Und wir haben nichts anderes vor, als uns durchzusetzen.

Was macht die Fortuna so stark?

Klopp: Es wird ganz viel über Beister und Rösler gesprochen, und das ist bei ihrer Klasse auch nachvollziehbar, weil sie außergewöhnliche Spieler sind. Aber auch der kleine Käpt’n Lambertz im Mittelfeld, der Abräumer vor dem Herren. Kann clever und aggressiv spielen. Der gefällt mir richtig gut. Jens Langeneke kenne ich auch, er hat sich mit seiner Erfahrung sehr gut entwickelt und ist ein sicherer Elfmeterschütze. Das passt einfach alles.

Würde ein Beister auch der Borussia gut zu Gesicht stehen?

Klopp: Der Maximilian ist ein großartiges Talent. Wir sind ja nicht blind und er spielt ja nicht in China. Es ist normales Thema, dass wir uns mit einem solchen Spieler beschäftigen. Aber er hat einen Vertrag in Hamburg und spielt in Düsseldorf. Wir wissen, dass wir da praktisch keine Chancen haben, ihn zu verpflichten. Deshalb verstehe ich die Aufregung bezüglich uns in Düsseldorf nicht so richtig, weil wir damit nicht so viel zu tun haben. Er bleibt ein superspannender Spieler, wenn er das auch in der Bundesliga umsetzt.

Wie sehen sie Arbeit Ihres Kollegen Norbert Meier?

Klopp: Ich stufe einen Trainer immer so gut ein, wie seine Mannschaft Fußball spielt. Und da muss man echt den Hut ziehen. Da ist eine kontinuierliche Entwicklung, eine toll zusammengestellte Mannschaft. Er macht einen guten Job und für ihn persönlich freue ich mich sehr, dass er diese Chance bekommen hat und sie nutzen kann. Das sah mal anders aus. Für viele Kollegen ist er in dieser Hinsicht ein Mutmacher.

Haben Sie sich die Fortuna gegen Paderborn angeschaut?

Klopp: Nein, das geht heute nicht mehr. Wenn ich Fußball schauen will, muss ich das im Fernsehen machen. Und dazu hatten wir viel Gelegenheit, weil die Fortuna oft freitags oder montags gespielt hat.

Ist ein Stadionbesuch ein zu großer Aufwand?

Klopp: Nein, das artet nur zu einer Autogrammstunde aus. Hinsetzen und Spiel schauen klappt dann nicht.

Fortuna hat am vergangenen Freitag zum ersten Mal in dieser Saison verloren. Hat Sie das gestört?

Klopp: Grundsätzlich ist mir das egal. Es dürfen alle gewinnen. Und Paderborn sorgt für ähnliche Furore in der 2. Liga. Es ist nicht schlimm, dass der Gegner kurz bevor wir kommen, erfährt, dass er auch verlieren kann. Es hilft auch, wenn man die Verwundbarkeit mal wieder spürt. Wir wissen zudem, dass wir ein bisschen Fußball spielen können. Gegen so eine Mannschaft wie wir hat die Fortuna noch nicht gespielt in dieser Saison. Unsere Defensive ist sehr stabil, und trotz unserer personellen Probleme, wird der Gegner keine 40 Torchancen bekommen. Es wird deswegen für Fortuna eine große Herausforderung.

Ein Unterschätzen wird es demnach vom BVB aus nicht geben?

Klopp: Es wird wie gegen Dresden kein Kindergeburtstag. Wenn wir uns auf etwas verlassen können, dann auf den Charakter der Mannschaft. Wir sind bis unter die Haarspitzen motiviert und werden es nicht zu locker nehmen. Der Pokal soll dieses Jahr unser Wettbewerb werden. Und das funktioniert nur, wenn man alle Runden übersteht.

Wo sehen Sie die Schwächen der Fortuna?

Klopp: Die gibt es natürlich, aber die sind jetzt nicht so wahnsinnig wichtig für ihre Düsseldorfer Leser.

Seit 1989 mit Pokalheld Norbert Dickel war der BVB nicht besonders erfolgreich im Pokal.

Klopp: Wir gönnen das dem Nobby. Aber es wäre schön, wenn bald mal ein zweites Lied dazukommt.

Hat man als Deutscher Meister das Selbstvertrauen, das eigene Spiel kompromisslos durchzusetzen?

Klopp: Die Meisterschaft, sagen die Spieler, ist schon 1000 Jahre her. Die Einstellung ist in allen Spielen die gleiche, die Eindrücke sind nur anders. In der Champions League wollten meine Spieler es besonders gut machen. Da wurde kein Ball kompromisslos ins Seitenaus geschlagen, weil halb Europa zuschaut. Die Mannschaft ist blutjung, in der Champions League waren wir Kinder.

Aber Sie möchten auch wieder Meister werden?

Klopp: Wer sind wir denn? Natürlich haben wir Ziele. Aber wir müssen nicht unter allen Umständen Meister werden. Da sind die Bayern, die mit allem zurückschießen, was sie haben. Da ist Bremen, Leverkusen, da ist Schalke und auch die Überraschungsmannschaft Gladbach. Das muss man respektieren. Natürlich hätten wir nichts dagegen, wieder Meister zu werden. Aber wir haben eine sehr realistische Zielsetzung mit den Möglichkeiten, die wir haben.

Noch einmal zurück zum Pokal. Freuen Sie sich auf die Stimmung heute in Düsseldorf?

Klopp: Da sind wir in Dortmund noch ein Stückchen besser. Es gibt schlimmere Sachen, als sich durch Fußball zu euphorisieren. Und da bin ich in Dortmund bei einem komplett verstrahlten Verein. Hier gibt es kein anderes Thema. Deshalb empfinden wir es als Glück, hier dabei sein zu können. Ich bin mir aber sicher, dass es in Düsseldorf eine außergewöhnlich Atmosphäre geben wird.

In der Bundesliga läuft es wieder. Geht es den Bayern noch an den Kragen?

Klopp: Es war nach den personellen Problemen in der Vorbereitung fast schon zu erwarten, dass wir nicht so gut starten. Wir konnten aber nicht darauf hoffen, dass wir jetzt so sensationell gut dastehen. Um in die Champions League zu kommen, müssen wir ganz hart kämpfen. Das tun wir. Mal sehen, was dabei rauskommt.

Das Interview führte Norbert Krings.

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