Klaus Allofs: "Als Spieler war ich sorgenfreier"

Der Bremer Sportdirektor über Prinzipien, Politiker und Proteste.

Herr Allofs, viele Exprofis, die später als Trainer oder wie Sie als Manager erfolgreich sind, sagen: Die schönste Zeit war die als Spieler. Gilt das auch für Sie?

KlausAllofs: Ja, obwohl ich auch jetzt einen sehr schönen Beruf habe. Aber als Spieler ist es einfacher, man muss sich nicht so viele Gedanken machen, ist irgendwie sorgenfreier, unbeschwerter. In meiner jetzigen Position fängt der Tag mit den Gedanken an Werder an und hört damit auf. Die Mannschaft, der Verein - das lässt einen eigentlich nie los.

Das gilt für allem für Zeiten sportlicher Probleme. Mal taumelt Werder angeblich dem Abstiegskampf entgegen, dann geht es wieder aufwärts und die Werder-Welt sieht ganz anders aus.

Allofs: So schnell kann es im Fußball gehen. Man sieht daran, dass bei allen Analysen und Erklärungen ein Argument alles schlägt: Das Ergebnis. Resultate verändern viel. Wir waren nicht hilflos, aber angeschlagen und haben gerätselt, wie es zu so einer Entwicklung kommen konnte. Aber wir waren immer vom Potenzial unserer Mannschaft überzeugt. Es gibt viele kleine Gründe, warum wir zuletzt nicht so erfolgreich waren. Gegen Saint Etienne hätten wir auch höher gewinnen müssen.

Allofs: Das kann man so sagen. Einen Erfolg zu bestätigen ist viel schwerer als ihn zu erringen. Wir haben uns fünf Mal hintereinander für die Champions League qualifiziert, das war schwieriger und kostbarer als das Double von 2004. Die Mannschaft ist leistungsbereit, das hat sie gezeigt.

Wir wollen Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Was bedeutet das?

Allofs: Dass wir gewisse Prinzipien nicht dem kurzfristigen Erfolg opfern.

Können Sie den Begriff "familiär" eigentlich noch hören?

Allofs: Wir bieten unseren Spielern einen Schutz. Wie man ihn in einer Familie genießt. Ein Spieler ist für uns mehr als ein Fußballer, wir interessieren uns auch für ihn als Mensch und nicht nur für seine Leistung. Wir fördern und fordern, wir haben Geduld. Familiär heißt auch Bodenständigkeit und Basisnähe, beides typisch für Werder. Unsere Spieler sind Profis zum Anfassen, das ist manchmal anstrengend, aber auch gut.

An den künftigen Anstoßzeiten der Profis hat sich der Unmut vieler Amateure entzündet. Jetzt kam sogar Gegenwind für die Bundesliga aus dem Bundestag.

Allofs: Ich bin eigentlich immer vorsichtig, wenn sich in solche Debatten die Politik einschaltet, denn da sehe ich die Gefahr der Praxisferne und des Populismus. Ich glaube, dass die neuen Anstoßzeiten die Probleme des Amateurfußballs nicht verschärfen, der leidet seit Jahren unter sinkenden Zuschauerzahlen, das liegt nicht nur am Fernsehfußball, sondern auch am veränderten Freizeitverhalten.

Trotzdem ist der Unmut da.

Allofs: Der ideale Zustand wäre ein perfektes Miteinander, aber das ist Wunschdenken. Natürlich brauchen wir die Basis, aber die Basis profitiert ideell und materiell auch vom Profifußball.

Haben Sie als Vertreters des Profifußballs nicht manchmal ein schlechtes Gewissen gegenüber anderen Sportarten?

Allofs: Nein. Denn schlechtes Gewissen würde heißen, dass wir etwas bekommen, was uns nicht zusteht. Der Fußball hat sich zu dieser Dominanz entwickelt, weil er attraktiv ist. Der Fußball ist die Nummer 1, und er finanziert sich ohne öffentliche Gelder selbst.

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