Verletzungen im Handball: Knie sind teuer

Nis (dpa) - Die Diagnose war niederschmetternd: Bruch des Schienbeinkopfes. Für Pascal Hens bedeutete dies 2008 nicht nur das Olympia-Aus, sondern auch eine Monate lange Zwangspause. Inzwischen ist der deutsche Nationalmannschafts-Kapitän wieder fit.

Bei der der EM in Serbien bestritt schon sein 194. Länderspiel. Doch Handball und schwere Verletzungen sind alles andere als ungewöhnlich. Laut einer Studie der Ruhr-Universität Bochum werden in Europa jährlich rund 320 000 Verletzungen verschiedener Art durch Handball hervorgerufen. Und das kostet sehr viel Geld. „Die Gesamtkosten der medizinischen Behandlungen für handballbedingte Verletzungen werden auf bis zu 400 Millionen Euro geschätzt, die Hälfte davon wird für Knieverletzungen eingesetzt“, heißt es in der Studie.

„Klar sind wir verletzungsanfälliger als zum Beispiel Basketball, weil bei uns Körperkontakt erlaubt ist. Aber wir sind keine Sportart mit gehäufter schwerer Verletzung“, sagte der deutsche Mannschaftsarzt Dr. Berthold Hallmaier am Rande der Handball-EM in Nis der Nachrichtenagentur dpa. Nach seiner Erfahrung leiden Handballer auch oft an chronischen Schäden an der Schulter und an der Lendenwirbelsäule. Bundestrainer Martin Heuberger vermutete jüngst in einem Interview mit dem „Darmstädter Echo“, dass er sich durch den Handball die rechte Hüfte kaputt gemacht hat.

Gerade die deutsche Nationalmannschaft hatte in den vergangenen Jahren immer wieder die Ausfälle wichtiger Spieler wie Hens durch Verletzungen zu verkraften. Stefan Kretzschmar fehlte im WM-Finale 2003 wegen eines Fingerbruchs, Michael Kraus erlitt bei der WM 2009 einen Bänderriss im Sprunggelenk und der einstige Welthandballer Daniel Stephan spielte nie ein WM-Turnier, weil er unter anderem einen Achillessehnenriss erlitten hatte.

„Verletzungen der Finger, der Schulter sowie der Sprung- und Kniegelenke sind am häufigsten. Das ist alles ungefähr auf dem gleichen Level“, gab Hallmaier seine Erfahrungen wieder. Die Bochumer Studie, die auf einem Workshop anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Europäischen Handball-Föderation (EHF) im vorigen November in Wien vorgestellt wurde, nennt konkrete Zahlen. Danach sind bei Männern Knieverletzungen mit 23 Prozent die Nummer 1 unter den Blessuren, danach folgen die Hände (19,8 Prozent), die Sprunggelenke (18,6) und der Kopf (17,4).

Bei den Frauen gibt es weniger Kopf- (13,2) und Handverletzungen (19,6), dafür sind die Sprung- (22,1) und vor allem Kniegelenke (31,7) weitaus häufiger betroffen. „Es hat sich gezeigt, dass Frauen viel anfälliger für Knieverletzungen, insbesondere Kreuzbandrisse sind“, stellt die Studie fest.

Zwei Drittel aller Verletzungen ziehen sich Handballer im Spiel zu. Die Wissenschaftler haben ermittelt, dass auf 1000 Stunden Training und Wettkampf zwei Verletzungen kommen. Die Folgerung: Vorbeugung. „Ganz wichtig ist, körperliche Stresssituationen immer wieder zu üben“, bestätigte Hallmaier. In der deutschen Nationalmannschaft wird unter Heuberger versucht, mit dem Koordinationstraining Life Kinetik und Langhantelübungen der Verletzungsgefahr entgegenzuwirken.

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