Handball/Nationalmannschaft: WM-Helden verzweifelt gesucht

Nationalteam bleibt viel Arbeit vor dem Großereignis. Dabei ist Michael Kraus unverzichtbar.

Kassel. Die Fans in Kassel feierten die deutschen Handballer ausgelassen, Bundestrainer Heiner Brand war hingegen knapp zwei Wochen vor dem Auftakt der Handball-Weltmeisterschaft in Kroatien weniger euphorisch: "In beiden Spielen hat man gesehen, dass wir von der Verfassung, die wir haben müssen, noch weit entfernt sind", sagte Brand nach den beiden glanzlosen Siegen gegen Griechenland. Vom Bundestrainer ist man die nüchternen und warnenden Töne gewohnt, gänzlich unberechtigt sind sie freilich diesmal nicht.

Bis zum Auftaktspiel in Kroatien gegen Rekord-Olympiasieger Russland am 17. Januar muss sich der zuletzt bei Olympia in Peking als eunter enttäuschende amtierende Handball-Weltmeister erheblich steigern. "Wir haben aber nicht mehr viel Zeit. Das wird eine heiße Angelegenheit. Ich bin gespannt, wie sie ausgehen wird", sagte Brand.

Die Augen der Nation sind auf diesen kurzfristigen Entwicklungsprozess gerichtet, seit der WM 2007 im eigenen Land erfahren die besten Handballer der Republik immer dann erhöhte Aufmerksamkeit, wenn wieder ein großer Titel winkt. Und der live übertragende Privatsender RTL erhöht den Druck auf das Brand-Ensemble mit einer für Handball-Verhältnisse nie dagewesenen Werbe-Kampagne.

Lichtblicke waren gegen die Griechen die Torhüterleistungen von Johannes Bitter, Silvio Heinevetter und Carsten Lichtlein, die forschen Auftritte des Magdeburger Rechtsaußen Christian Sprenger (11 Tore) und des Rückraumspielers Michael Müller (5) aus Großwallstadt sowie das Comeback von Pascal Hens im Nationalteam.

Er sei zwar noch nicht bei hundert Prozent, das Spiel in Kassel sei aber für ihn ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, so Hens, der sein erstes Länderspiel seit seiner Verletzung in Peking (Schienbeinkopffraktur) bestritt und mit drei Toren und schönen Anspielen überzeugte.

"Seine Anwesenheit auf dem Platz ist einfach wichtig. Mit ihm haben wir mehr Stabilität", erklärte Brand.

Das gilt derzeit auch für Spielmacher Michael Kraus, der nach seinem Muskelfaserriss seit Ende November kein Spiel mehr bestritten hat. "Seine Überraschungsmomente und seine Dynamik fehlen uns", sagte der Bundestrainer, der Kraus weder von Martin Strobel noch von Michael Haaß ersetzt sehen konnte.

Beide haben nicht das Format des Lemgoers Kraus, das Zusammenspiel mit den Halbspielern funktionierte kaum. Ein Kurzeinsatz von Kraus ist aber für das morgige Abschiedsspiel von Weltmeister Markus Baur (20 Uhr) in Stuttgart geplant. Der Baur-Nachfolger gilt als schlicht unersetzlich.

In der Abwehr wurde zudem der kampfstarke Organisator Oliver Roggisch (grippaler Infekt) vermisst. "Da hatten wir teilweise zu wenig Bewegung", meinte Brand. "Leider haben wir nur sehr wenige Trainingseinheiten. Da kann man nicht viel machen."

Neben Russland sind bei der WM Vize-Weltmeister Polen, Algerien, Mazedonien und Tunesien die Gegner in der Vorrunde. Die ersten drei Teams ziehen in die Hauptrunde ein.

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