Handball: Die Insolvenz-Liga sucht nach Auswegen

Das Geld ist knapp, die Vereine übernehmen sich. Die HSG Nordhorn ist der nächste Patient.

Düsseldorf. Holger Glandorf klopfte sich mit der Faust gegen seine Brust. Dorthin, wo sein Herz schlägt. Die Zuschauer im niedersächsischen Nordhorn standen auf ihren Sitzen und streckten ihm rote Herzen entgegen. Es war ein melancholisches Abschiedsszenario. Der Sieg im Europacup gegen Haukar Hafnarfjördur war Glandorfs letztes Spiel im Nordhorner Handball-Trikot.

Von nun an spielt der aus der eigenen Jugend hervorgegangene Nationalspieler für den TBV Lemgo mit Vertrag bis 2011, Nordhorn bleiben 150 000 Euro Ablöse und Glandorfs eingespartes Gehalt. Am Montag meldete die HSG Insolvenz an. Wird das Verfahren eröffnet, steht neben dem gleichfalls hoffnungslos überschuldeten TuSEM Essen der zweite Zwangsabsteiger fest, direkte sportliche Absteiger würde es nicht mehr geben. Irgendwo zwischen internationaler Finanzkrise und einem waghalsigen Alleinherrscher hat wieder ein namhafter Bundesliga-Standort seinen Halt verloren - und eine Liga ihr Ansehen.

"Wir sprechen wieder nicht über Handball, und das ist für alle schlecht", sagt Uli Derad, Manager des Handball-Erstligisten TSV Dormagen. Vertrauen von Sponsoren, sagt Derad, könne man so nicht erwarten. Dabei ist das Geld der Sponsoren für die Vereine ohnehin knapp geworden. Piet Krebs, Geschäftsführer des HSV Hamburg, rechnet mit Einschnitten bei allen Clubs: "Jeder speckt jetzt wohl seinen Etat für die nächste Saison ab."

Geradezu wahnwitzig mutet insofern das Wettbieten um Kiels Franzosen Nikola Karabatic an, für den die Rhein Neckar Löwen Rekordsummen aufrufen. Doch die Liga hat viele Gesichter, und die meisten Vereine haben nicht viel gemein mit Clubs wie Kiel, den Rhein Neckar Löwen oder Lemgo. Die meisten kämpfen ausdauernd darum, mithalten zu können.

Wie Dormagen. "Unser Etat ist sehr viel kleiner als der in Nordhorn", sagt Derad. 2001 ist sein Verein nach dem Abstieg aus der ersten Liga freiwillig in die Regionalliga abgestiegen, um sich zu konsolidieren. Zurückgekommen sind sie finanziell solide aufgestellt und mit einem starken Jugendkonzept - ein Modell, zu dem die meisten erst finden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Also ein Zukunftsmodell für viele?

Der Fall Nordhorn ist Anlass für Aufregung und manchen Vorschlag. Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL, will die Einführung eines "Salary Caps" diskutieren. Dabei sollen die Gehälter pro Club auf eine bestimmte Summe begrenzt werden. Mehrausgaben müssten dann als Strafgeld in einen Topf eingezahlt werden.

"Das funktioniert aber nicht ohne weiteres, weil wir damit gegen EU-Recht verstoßen würden", sagt Bohmann. Auch Derad sieht Probleme: "Wo legt man die Obergrenze fest? Und wir als gemeinnütziger Verein funktionieren ja auch anders als eine ausgegliederte Handball-GmbH." Womit Derad den Vorschlag nicht ablehnt, sondern ihn ausgestaltet wissen will.

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