Geschichte: Der Abstieg des Ostfußballs

20 Jahre nach der deutschen Vereinigung ist der Anschluss verpasst. Ausnahme Leipzig?

Berlin. Mit Pathos und Superlativen hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seine Jubiläumsgala angekündigt. "Vor 20 Jahren wurde Fußball-Geschichte geschrieben."

Am 20. November wird in der Leipziger Arena eine Auswahl der Weltmeister von 1990 gegen Leitfiguren des DDR-Fußballs antreten, angekündigt sind Stars und Sternchen.

"Wir gegen uns" lautet das Motto des zwanzigsten Jahrestages der deutschen Fußball-Einheit, doch man könnte es auch anders interpretieren: 20 Jahre standen sich Ost und West selbst im Weg. In der Ankündigung des DFB sucht man einen ausgewogenen Rückblick oder Selbstkritik vergeblich. Zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung steht der Fußball in den neuen Ländern schlecht da wie nie zuvor.

Nach der Fusion des DFB und des Deutschen Fußball-Verbandes (DFV) waren 1991 zwei Vereine aus der DDR in der ersten Liga gestartet, Hansa Rostock und Dynamo Dresden. Sechs Klubs begannen eine Klasse tiefer. Geblieben ist ein Trio in Liga zwei: Energie Cottbus, Erzgebirge Aue, Union Berlin. Aufstiegsambitionen hat nur Cottbus. Alle anderen Traditionsvereine sind tief gesunken - ihr Alltag ist Existenzkampf. "Die Lage ist ernüchternd", sagt Hans-Georg Moldenhauer, Ost-Beauftragter und Vize des DFB.

Der Magdeburger Moldenhauer war als letzter Präsident des DFV einer der Architekten der Fußball-Einheit. Wie Politik und Wirtschaft waren auch die Funktionäre überfordert mit der Umstellung. Der Fußball im Osten war Planwirtschaft, die Klubs wurden über Nacht der Marktwirtschaft ausgesetzt.

Matthias Sammer, Andreas Thom oder Ulf Kirsten machten ihr Glück im Westen, ihre Heimatvereine wurden von Unternehmern wie Rolf-Jürgen Otto heimgesucht. Der Baulöwe kostete Dynamo Dresden die Lizenz, Lok Leipzig oder der 1. FC Magdeburg teilen ein ähnliches Schicksal. Funktionäre wie Klaus Reichenbach hätten sich auch im Fußball einen Solidarpakt gewünscht. "Im Fußball gibt es schon lange keinen fairen Wettbewerb mehr", sagt der Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes.

Moldenhauer sieht Defizite in Management und Marketing. "Wir haben keine Weltkonzerne wie VW, die Wolfsburg zum Meister machen", sagt Moldenhauer. Talente wandern früh ab. "Für die Ost-Vereine wird nur in Ausnahmefällen mehr möglich sein als eine Rolle am Rand", sagt er. Ausnahme ist Leipzig. Red Bull investiert angeblich 100 Millionen Euro. Moldenhauer sagt: "Das müssen wir als Chance des Aufbruchs annehmen."

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