Jahreshauptversammlung So schlimm steht es um den WSV wirklich

Wuppertal · Alexander Eichner legte den Mitgliedern bei der JHV am Montag dramatische Zahlen vor und sprach über Gegenmaßnahmen. Die Mitglieder müssen entscheiden.

 Melanie Drees, Alexander Eichner, Uwe Heyn, Rechtsanwalt Weber, Peter Pelke.

Melanie Drees, Alexander Eichner, Uwe Heyn, Rechtsanwalt Weber, Peter Pelke.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Ist der Wuppertaler SV noch zu retten, diese Fragen stellten sich am Montag die rund 480 WSV-Mitglieder in der Hako-Event-Arena, die der Einladung zu einer denkwürdigen Mitgliederversammlung gefolgt waren. Die Sitzung war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet, doch ab 20.37 Uhr kamen dramatische Zahlen auf den Tisch.

Nachdem die Stimmzettel für den Verwaltungsrat ausgeteilt waren - 18 stellten sich für 13 Plätze - trat der Interimsvorstand Alexander Eichner ans Mikrofon und erklärt, er empfinde seinen Auftrag, dem Verein Wege aufzuzeigen, wie er aus der Misere kommen könne. Es gehe um alles oder nichts und mitnichten um seine Person als Vorsitzender. Seine kommissarische Amtszeit ende um 24 Uhr. Er warb aber auch noch einmal darum, dass die Besetzung der Gremien für eine Sanierung enorm wichtig sei.

Eichner berichtete, dass schon bei erster Begutachtung der Zahlen durch ihn und Melanie Drees im März Risse in den Finanzen deutlich wurden. Damals begann eine 21-Tagesfrist für eine Insolvenzanmeldung, die durch Bürgschaften und andere Zuwendungen über 100.000 Euro behoben werden konnten. „Ich kündige schon an, dass die Frist im April wieder läuft und zwar wenn die Gehälter Mitte des Monats fällig werden“, so Eichner.

Die Verbindlichkeiten würden bis Juni demnach auf 1,4 Millionen Euro ansteigen, bei einem Kapitaldienst von jährlich 140 000 Euro. Das heiße ständige Insolvenzgefahr. Dazu gebe es zwei weitere „Bomben“. Das Finanzamt habe die Gemeinnützigkeit infrage gestellt, wegen Umgangs mit Spendengeldern auch für den Wirtschaftsbetrieb, mit der Mini-Job-Regelung und nicht erfolgter Buchungen. Die zweite ist die Horst-Buhtz-Stiftung, von der schon Einnahmen eingerechnet wurden, die aber noch gar nicht gegründet wurde. Da soll es am Dienstag ein wichtige Sitzung geben.

Auch an der Sponsorenfront sehe es übel aus, so Eichner. „Da erreichen uns Kündigungen. Andere sagen, wir wollen weitermachen, aber ordnet euch erst mal.“ Dabei sei der Zeitdruck immens. In der inneren Wertschöpfungskette sei eine Kernschmelze eingetreten. „Wenn wir Oberliga spielen sollten, können wir den Kapitaldienst nicht mehr decken“, stellte er dar. Zudem geben es die Juni-Challenge, für die statt 100.000 nun im schlimmsten Fall sogar 270.000 aufgebracht werden müssten. 

Doch wo sind die Wege heraus?  Eichner ging noch einmal auf die spontane Hilfe von Friedhelm Runge ein, der seinen Beitrag zu den 100.000 Euro für den März leistete. Gute Nachricht: Den Mai haben wir mit einem Finanzierungsmodell der Sparkasse geregelt. Aber Juni ist offen. Maßnahmen? Er habe eine Idee, einen Vorstand hinzuzunehmen. Einchner: „Die Kosten müssten reduziert werden. Spenden können wir nicht mehr annehmen. Bringt uns in den Bereich außerordentlich Erträge. Aufarbeitung, Schadenersatz. Wir haben aber noch keine Rechtsschutzversicherung.“ Dann hat er eventuell noch jemanden, der sich bei der Stadionfinanzierung beteiligen könnte. Das Thema China habe sich weiterentwickelt.  Doch das seien alles Möglichkeiten, genauso, wie bei den Gläubigern eventuell um Umwidmung in Sponsoring zu werben.

Szenario eins sei eine Insolvenz wie 2013, in der Eichner aber nicht die Lösung sieht, weil man damit die Kontrolle an den Hauptgläubiger abgeben würde. Dann gebe es diverse Sponsorenmodelle etwa a la KFC. Und drittens warb Eichner für die Aufstellung eines Schmalspuretats für die neue Saison. 350.000 Euro für die erste Mannschaft - weniger als im Oberliga-Aufstiegsjahr, 100 000 für die Geschäftsstelle, daneben mit 150 000 Euro den Kapitaldienst bedienen. Abstimmen darüber soll am 28. Mai eine außerordentlich Mitgliederversammlung.

Zurvor war Eicher kurz auf das Thema: Wie konnte es so weit kommen?, eingegangen Den Ursprung sieht er im Jahr 2016. Damals sei man von der Strategie des kontinuierlichen Aufbaus auf „All in“ gegangen. Das sei auch der Grund gewesen, warum er sich damals aus dem Vorstand verabschiedet habe. „Das hätte funktionieren können, hat es aber nicht.“ Beispiele: 50.000 Euro zu viel für die Sportliche Leitung, 46.000 Euro allein Gutachtenkosten, weil die Sparkasse die Einschaltung eines Gutachters forderte, bevor sie weitere Kredite gab. Den Vertrag mit  Marketing-Berater Dirk Kugel habe man vergessen zu kündigen, woraus nochmal ohne Leistung 37.000 Euro an Auflösungsgebühr resultierten. Die Geschäftsstelle sei bis auf Kosten von 220.000 Euro ausgebaut worden und das alles bei sinkenden Einnahmen. Eichner nannte das einen Realitätsverlust, sprach von drei Selbstvermarktungsmaschinen, die andere für ihren Kurs begeistert hatten, ohne die Namen der ehemaligen Vorstände Lothar Stücker (war anwesend), Manuel Bölstler und Maria Nitzsche zu nennen.

1,3 Millionen Euro negatives Gesamtkapital, ein Verein mit dem Rücken zur Wand. Der neue Verwaltungsrat, der am Montagabend gewählt wurde, hat eine große Aufgabe zu bewältigen.

Direkt im Anschluss an die Jahreshauptversammlung hat der neue Verwaltungsrat in seiner ersten Amtshandlung noch auf der Bühne Alexander Eichner als Vorstandssprecher und Melanie Drees als Vorstand für die nächsten zwei Jahre vorgeschlagen. Beide haben die Wahl angenommen. Das heißt aus den Interimsvorständen sind ordentliche Vorstände geworden. Der WSV bleibt also weiter handlungsfähig.

Der neue Verwaltungsrat besteht aus den 13 Kandidaten mit den meisten Stimmen: Jürgen Hoß (283), Christian Vorbau (254), Carsten Kulawik (253), Horst Willich (248), Mike Klamke (244), Rolf Dasberg (223), Norbert Müller (221), Carsten Sander (217), Christain Scheib (207), Gunnar Frankenberg (171), Felix Blaschke (164), Sven Lesser (159), Dennis Jung (149).

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