Platini-Regel als Vorbild Gast oder Schattenpräsident: Brisanter Blatter-Besuch bei WM

Moskau (dpa) - Die große WM-Bühne lässt sich Joseph Blatter auch in seiner Verbannung nicht nehmen.

Platini-Regel als Vorbild: Gast oder Schattenpräsident: Brisanter Blatter-Besuch bei WM
Foto: dpa

Wenn der ehemalige FIFA-Präsident am Dienstag auf Einladung von Wladimir Putin per Flieger in Moskau einschweben will, wird der Besuch für Nachfolger Gianni Infantino und den Fußball-Weltverband zum sportpolitischen Spagat. Eigentlich ist Blatter nach seiner Sechs-Jahres-Sperre im Fußball eine Persona non grata, als Gast des Kremlchefs beim russischen Ausrichter aber natürlich herzlich willkommen.

Die FIFA gibt sich verschlossen zu den Reiseplänen, will vorab keinen Kommentar abgeben. Es sei eine „Ehre“, dass ihn Putin zur WM bitte, berichtete Blatter selbst schon vor einigen Monaten stolz in seiner Züricher Wahl-Heimat. Nun bestätigte sein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur, dass die Reise in der kommenden Woche vorgesehen sei. Noch sei offen, welches Spiel der ehemalige Chef des Weltverbands besuchen wird. Möglich ist beispielsweise das Duell von Europameister Portugal mit Marokko am Mittwoch im Luschniki-Stadion.

Blatter muss sich an einige Regeln halten, auch wenn ein Tribünenbesuch nach bisheriger Interpretation der FIFA-Statuten nicht untersagt ist. Er dürfte dabei voraussichtlich das gleiche Recht wie der ebenfalls verbannte Michel Platini erhalten. Die FIFA-Ethiker hatten dem Franzosen eine Erlaubnis für den Besuch von EM-Spiele 2016 erteilt, solange er dabei nicht in offizieller Funktion erscheine. Letztendlich verzichtete Platini jedoch.

Und auch Blatter müsste als Privatperson auftreten - doch schon vor wenigen Tagen strahlte der russische Fernsehsender ein Interview mit dem 82-Jährigen aus, in dem sich dieser dezidiert zu aktuellen Fragen des Weltfußballs sowie Reformen und Plänen Infantinos äußert.

Die WM mit 48 Teilnehmern? „Absolut falsch!“ Der von Infantino propagierte Verkauf von Wettbewerben an Geldgeber für 25 Milliarden US-Dollar? „Ich hätte die FIFA nicht für so ein Investment ausverkauft“, sagte Blatter dem russischen TV-Sender RT in einem Interview. „Es ist gibt eine neue Ära in der FIFA, aber ich denke, es ist völlig falsch.“ Die WM-Premiere des Videobeweises? „Die Mehrheit der Schiedsrichter hat nie mit dem System gearbeitet.“ Die Pläne einer ausgeweiteten Club-WM? „Die Fans werden irgendwann genug haben, weil es immer Fußball gibt, wenn sie den Fernseher anschalten.“

Welcher Blatter wird nun in Russland auftreten - der dankbare Gast oder der meinungsstarke Schattenpräsident, der immer wieder gerne betont, dass er niemals abgewählt worden sei? Und auch der Rahmen eines möglichen Treffens mit Putin bietet noch Raum für Spekulationen. Ein gemeinsamer Stadion-Besuch? Wäre ein Affront gegen Infantino, mit dem sich der russische Präsident auf der Ehrentribüne beim 5:0-Eröffnungssieg gegen Saudi-Arabien amüsierte. „Russland wird der perfekte Gastgeber und den wohl verdienten internationalen Respekt bekommen“, gratulierte Blatter da via Twitter nur zwei Minuten nach dem Abpfiff.

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