Test im Sparmodus: Löws erkenntnisarmer Spagat

Dortmund (dpa) - Die letzte Konsequenz, endlich Italien zu schlagen, fehlte Spielern und Trainer. Für die Pflichtaufgaben aber sieht Löw sein Team 2011 gerüstet. Seine Erkenntnisse sind nicht neu: Tor-Phänomen Klose, Zauberer Özil und Youngster, die sich erst akklimatisieren müssen.

Der Ärger über Spielverderber Italien war schnell verraucht. Trotz der verpassten Chancen, die Negativbilanz gegen den viermaligen Weltmeister endlich aufzubessern, sehen Bundestrainer Joachim Löw und die deutschen Fußball-Nationalspieler gute Perspektiven für ein attraktives und erfolgreiches Jahr 2011, auch wenn es kein großes Turnier gibt. „Wir sind schon schlechter in ein Länderspieljahr gestartet“, erklärte Abwehrspieler Per Mertesacker und fügte nach dem 1:1 am Mittwochabend in Dortmund gegen Italien die klare Priorität an: „Für die Europameisterschaft qualifizieren, das ist dieses Jahr das Ziel.“

Das große Problem für Löw und sein Personal war auch vor 60 196 Zuschauern in der nicht ausverkauften Dortmunder WM-Arena wieder deutlich geworden: Wenn es nicht um Punkte und Titel geht, laufen die besten deutschen Kicker selbst gegen einen attraktiven Gegner wie Italien nur in einem Sparmodus. Nur phasenweise schalten sie auf volle Energie. Während nach der WM das Team von Zauberfuß Mesut Özil, dessen Hackentrick vor dem 1:0 durch Miroslav Klose (16.) der Höhepunkt war, in Testspielen zum dritten Mal in Serie nicht über ein Remis hinauskam, wurden alle vier Pflichtspiele gewonnen.

„In der zweiten Halbzeit haben wir es auch ein bisschen versäumt, so viel zu investieren, dass wir das 2:0 machen“, analysierte Löw und wies auf die fehlende letzte Konsequenz im Spiel der DFB-Auswahl hin. Allerdings trieb auch der Bundestrainer selbst das Vorhaben, nach fast 16 Jahren wieder gegen die „Squadra Azzurra“ zu gewinnen, nicht mit letzter Konsequenz zu Ende. Der Austausch von Kapitän und Dauerantreiber Philipp Lahm konnte als Zeichen verstanden werden, dass Löw die Kurzeinsätze der Dortmunder Jungstars Mario Götze, Mats Hummels und Kevin Großkreutz wichtiger waren als das nackte Resultat.

Als dann auch noch Fließband-Torschütze Klose leicht angeschlagen seinen Dienst vorzeitig beendete, kamen die mutigen Italiener trotz eines wieder überzeugenden DFB-Keepers Manuel Neuer durch den eingewechselten Giuseppe Rossi (81.) zum verdienten Ausgleich. „Ein Grund ist der Spagat, dass man einige Wechsel macht“, gab Löw als mitentscheidende Ursache für fehlendes Tempo und Spielverständnis in der zweiten Hälfte an und erklärte selbstkritisch: „Wenn man in einem Qualifikationsspiel 1:0 führt, nimmt man möglichst wenige Korrekturen vor. Aber ich wollte den einen oder anderen einfach sehen.“

Neue Erkenntnisse aber konnte der 51-jährige Freiburger bei seinem Spagat kaum gewinnen. Die Teilzeit-Einsätze von Götze (18 Jahre) und Hummels (22) bestätigten nur, dass außergewöhnliche Leistungen im Club nur die erste Stufe für eine Karriere in der Nationalelf sein können. Und dass der 32-jährige Klose, der mit 59 Länderspiel-Toren inzwischen bis auf neun Treffer an Deutschlands Rekordschütze Gerd Müller herangerückt ist, auch als Bayern-Reservist im Adler-Trikot trifft, ist ebenfalls nicht neu. „Wenn es ans Eingemachte geht, ist Miro in Form“, bemerkte Löw zum Phänomen Klose.

„Jeder ist sich bewusst, dass wir nicht das Tempo gehen konnten. Wir haben viele junge Spieler dabei, die wir integrieren müssen“, zog Klose sein Italien-Fazit: „Mit dem Ergebnis können wir zufrieden sein. Aber wir wissen schon, dass wir besser spielen können.“

Dazu bedarf es auch wieder einer intensiven Spielvorbereitung, wie Kapitän Lahm betonte: „Man hat gesehen, wir brauchen mehrere Trainingseinheiten vor dem Spiel.“ So wurde es nichts mit der Revanche für die WM-Halbfinal-Niederlage 2006, auch wenn es zum Jahresauftakt nach einem 0:1 gegen Norwegen (2009) und einem 0:1 gegen Argentinien (2010) zumindest keine weitere Niederlage gab.

Am 26. März geht es für die DFB-Auswahl in Kaiserslautern gegen Kasachstan weiter, dann wieder um Punkte in der Qualifikation für die EM-Endrunde 2012 in Polen und der Ukraine. „Die Automatismen müssen wieder besser werden in diesem Jahr“, erklärte der DFB-Chefcoach. Beim nächsten Ernstfall soll es auch wieder mehr jener „geniale Momente“ (Löw) geben wie den von Özil beim Tor von Klose.

Zunächst blieb den Spielern um Bastian Schweinsteiger, den Löw im Gegensatz zu Bayern-Coach Louis van Gaal wieder im defensiven Mittelfeld schalten und walten ließ, nur der Trotz: „Unsere Bilanz ist nicht gut gegen Italien“, beklagte Schweinsteiger, versprach aber: „Ich bin mir aber sicher, dass wir sie irgendwann schlagen werden.“

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