Fragen & Antworten Rote Balken für Marokko - WM-Vergabe bleibt ein Politikum

Zürich (dpa) - Im Rennen um die Gastgeberrolle der Fußball-WM 2026 sprechen alle sachlichen Argumente für einen Zuschlag für die Kandidatur aus Mexiko, Kanada und den USA.

Fragen & Antworten: Rote Balken für Marokko - WM-Vergabe bleibt ein Politikum
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Die Evaluierungskommission der FIFA gibt dem Trio für das erste Turnier mit 48 Teams wenig überraschend viel bessere Noten als Marokko. Trotz aller Bemühungen des Weltverbandes um einen transparenten, an sachlichen Kriterien orientierten Vergabeprozess bedeutet dies noch keine Entscheidung. Die weiterhin mögliche Kampfabstimmung am 13. Juni im FIFA-Kongress in Moskau verspricht Spannung und politische Grabenkämpfe.

Wie lauten die wichtigsten Ergebnisse des WM-Prüfberichts der FIFA-Task-Force?

Die Kernbotschaft der WM-Gutachter ist klar. Mexiko, Kanada und die USA sind für die Gastgeberrolle 2026 geeignet - vier von fünf Punkten sind ein gutes Resultat. Marokko hat hingegen mit nur 2,7 Zählern und roten Warnbalken in den Bereichen Stadien, Hotels und Transport das Klassenziel gerade so erreicht. Von den 20 Kategorien sind nur sieben Bereiche grün markiert. Bei dem Dreierbund sind es immerhin 17. Einzig bei der staatlichen Unterstützung schneiden die Marokkaner besser ab als die USA und Co. Ein Grund: Die rigide Einreisepolitik von US-Präsident Donald Trump, die gegen FIFA-Richtlinien verstößt.

Was heißt das für die Abstimmung im Kongress am 13. Juni?

Noch gar nichts. Der Bericht gibt zwar jedem Verband nun eine sachliche Legitimation, für das Amerika-Trio zu stimmen. Zu deutlich sind die Vorteile im Vergleich zu Marokko. Doch eine Vorentscheidung ist das keinesfalls. Im Kongress, wo außer den Bewerberländern alle 207 FIFA-Mitglieder eine Stimme haben, spielen andere Faktoren eine Rolle als bei den fünf FIFA-Prüfern. Afrika mit seinen 54 Stimmen soll fast geschlossen hinter Marokko stehen. In der arabischen Welt sorgt die Trump-Politik für klare Opposition gegen das Amerika-Trio. Und auch aus Europa wurden schon pro-marokkanische Stimmen laut.

Wie ist die deutsche Position?

Offiziell wird es noch nicht gesagt, aber die DFB-Stimme kann nur an das Amerika-Trio gehen. DFB-Boss Reinhard Grindel hat immer betont, dass für ihn die Ergebnisse der Evaluierungskommission maßgeblich sind. Gleichzeitig hat er sich in Opposition zu FIFA-Boss Gianni Infantino aber auch für die Zulassung Marokkos zur Abstimmung eingesetzt, damit der demokratische Touch der Entscheidung nicht verloren geht. „Wenn es nur zwei Kandidaten gibt, muss der Kongress die Chance haben, abzustimmen. Wir brauchen keine Gerüchte in einem solchen Prozess“, sagte Grindel.

Warum gibt es überhaupt einen Prüfbericht und wer waren die Prüfer?

Auch vor der Skandal-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 hatte die FIFA die Bewerbungen durch Experten vorab prüfen lassen. Doch die Wahlmänner im damaligen Exekutivkomitee ignorierten die Empfehlungen komplett. Katar zum Beispiel hatte die mit Abstand schlechteste Bewertung. Aus diesem Grund wurde der Task Force nun die Möglichkeit eingeräumt, Kandidaten vor der Abstimmung auszuschließen. Für Marokko stand dies offenbar auch am Freitagabend noch zur Diskussion.

Die Zulassung hat wiederum eventuell auch politische Gründe. Ein Veto hätte die Spekulationen befeuert, dass die Task Force von Infantino widerrechtlich beeinflusst wird. Dass die Mehrheit der fünf Kommissionsmitglieder um die stellvertretenen Generalsekretäre Zvonimir Boban und Marco Villiger auch von Infantinos Gnaden in ihren FIFA-Ämtern sind, bleibt ein Manko der Prüfresultate.

Welche Rolle spielt FIFA-Boss Infantino im Vergabe-Endspurt?

Der Weltverbands-Boss hat immer seine Neutralität betont. Die kolportierte Amerika-Präferenz hätte aber durchaus nachvollziehbare, ökonomische Gründe. Die erwarteten WM-Einnahmen sind mit 14,3 Milliarden Dollar praktisch doppelt so hoch wie die aus Marokko prognostizierten. Der FIFA geht es nach den Skandaljahren weiter wirtschaftlich nicht so gut, dass sie satte Milliarden-Gewinne ignorieren könnte. Noch kann das FIFA-Council bei seiner Sitzung am 10. Juni Marokko von der Abstimmung ausschließen. Infantino muss das Risiko aber genau kalkulieren, denn eine solche Entscheidung würde einen Schatten auf die Russland-WM werfen, die am Tag nach dem Kongress beginnt. Er wird also eher versuchen, als Strippenzieher hinter den Kulissen eine Amerika-Mehrheit zu sichern.

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