Buchvorstellung Jürgen Klopp und Aki Watzke - Echte Freunde

Dortmund · Aus der Buchvorstellung von Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke macht Ex-Trainer Jürgen Klopp eine Unterhaltungsshow.

 Hans-Joachim Watzke (l.), Geschäftsführer von Borussia Dortmund, und Fußballtrainer Jürgen Klopp amüsieren sich bei der Vorstellung der Biografie von Watzke.

Hans-Joachim Watzke (l.), Geschäftsführer von Borussia Dortmund, und Fußballtrainer Jürgen Klopp amüsieren sich bei der Vorstellung der Biografie von Watzke.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Dortmund liegt ihm zu Füßen. Für diese Erkenntnis hätte er nicht zurückkommen müssen, aber es dann noch einmal zu erleben, war dann doch beeindruckend. Irgendwann, als der FAZ-Journalist Michael Horeni aus seinem Buch „Echte Liebe“ über den BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bei dieser Veranstaltung der „lit.ruhr“ vorlas und Jürgen Klopp als Gast auf der Bühne mit einem Pils in der Hand wieder eine kleine Anekdote einwarf, um am Ende selbst derart laut aufzulachen, dass der Raum durch das außergewöhnliche Weiß seiner Zähne noch mal heller zu leuchten schien, sagte einer in der achten von gefühlt 120 Reihen zu seiner Nachbarin: „Ich sag ja, er ist einfach der Größte.“

Klopps Erinnerung: Die Zeit war extrem großartig

Man hätte ahnen können, dass das keine Freude wird für jenen, der in einer, sagen wir, sportlichen BVB-Krise als derzeit Tabellenachter der Fußball-Bundesliga Klopp-Nachfolger, Trainer und Lucien Favre ist. Und weil Klopp weiß, dass es eigentlich nicht gut ist, wenn er jetzt zurückkommt, weil alles, wo Klopp draufsteht, für jeden BVB-Fan die Heiligkeit ist und gleichzeitig die aktuellen Handlungsträger 50 Prozent ihres Wertes verlieren, packte er das heiße Eisen selbst an: „Der BVB ist derzeit Achter. Da ist es nicht so cool, wenn der Ex-Trainer kommt und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen“, so Klopp. Aber: „Man muss doch über eine Zeit sprechen können, die extrem großartig war.“

Watzke, der die Hauptperson des Abends sein sollte, aber sich diese Einordnung durch die Einladung an Klopp selbst verbaut hatte, tat nicht viel dafür, die Gegenwart rosarot und die Vergangenheit grauer zu malen. „Dort, wo Trainer eine Epoche geprägt haben, ist es schwierig. Lucien macht sehr gute Arbeit, das ist überhaupt nicht das Thema, ich verstehe mich mit Lucien auch“, sagte Watzke, gestand aber auf die Nachfrage, ob Klopp oder er wehmütiger auf die gemeinsame Zeit von 2008 bis 2015 zurückblicke: „Ich bin wehmütiger. Jürgen macht es sich ja einfach und haut einfach ab und lässt mich hier mit dem ganzen Scheiß allein. Im Trainingslager liegst du nachts wach und irgendwas fehlt“, sagte Watzke.

Es ging zärtlich zu zwischen den Protagonisten, die 400 Menschen 75 Minuten lang unterhielten – von denen sich alle 90 Minuten, Verlängerung und Elfmeterschießen gewünscht hätten. „So ein Verhältnis, wie ich es mit Jürgen über sieben Jahre hatte, hat es vorher nicht gegeben. Und das wird es wohl auch nie wieder geben. Das war schon fast ein Unikat“, schwärmte Watzke. Vergessen die Krise, als 2015 der BVB in Abstiegsgefahr geraten war und Klopp für die Anwesenden keine Rezepte mehr bereithielt. Damals machte man sich Gedanken in Dortmund, ob jetzt die komplette Mannschaft oder doch besser der Lieblingstrainer gehen sollte. In der Erinnerung leuchten alte Zeiten immer noch heller.

Sie sprachen über ihre Väter: Watzke war Papakind und musste gerade die Beschwerde seiner Mutter hinnehmen, dass sie im Buch kaum vorkomme. Klopps Vater sei allzeit Trainer gewesen, in allen Lebenslagen. „Glücklicherweise mochte ich alles, worin er mich trainieren wollte. Wäre ich gerne Florist geworden – ich hätte eine Höllen-Kindheit gehabt“, sagte Klopp und lachte mit den Zuhörern um die Wette. Sie erinnerten sich an die Double-Feier 2013, als der Trainer betrunken und allein im Hühnerwagen auf einem einsamen Gewerbehof endete, mit dem die Dortmunder aus dem Trubel der Stadt geflohen waren – und ihn am Ende alle vergessen hatten.

„Wenn ich damals gewusst hätte, dass es der letzte Titel mit dem BVB ist, hätte ich nicht so viel gesoffen. Dann könnte ich mich heute besser erinnern“, sagte Klopp, der Stunden zuvor mit einer Cessna 510 eingeflogen worden war. Quasi als Gegenstück wurde Watzke verordnet, der über sich vorlas: „Wenn es ein Gen zum Glücklichsein gibt, dann ist das bei mir nicht besonders gut entwickelt. In Jürgens Denken kam vor dem Spiel eine Niederlage nicht vor. In meinem kein Sieg.“ Über alle Liebeserklärungen (Watzke: „Jürgen baut sich wie ein Gebirge auf, dahinter kann man mal zwei Tage durchschnaufen. Wir fühlten uns zusammen sehr stark. Und wir waren auch sehr stark.“ Klopp: „Eine klassische Männerfreundschaft.“) wurden auch die entscheidenden Fragen beantwortet: Eine Rückkehr Klopps nach Dortmund ist schwer vorstellbar, aber nicht ausgeschlossen. Und wurde von Watzke vor drei Jahren mit einem Anruf versucht. „Wenn Jürgen später erzählt hätte, nachdem wir mit dem BVB wieder in Trainernot geraten waren, dass ihn keiner gefragt hätte, wäre ich in Dortmund entlassen worden“, sagte Watzke lachend. „Ich musste mit diesem Anruf meine Zukunft absichern.“

Eines wurde einmal mehr klar: Der lange Schatten von Klopp, dessen „bester Freund unfassbarer Weise gerade Schalke trainiert“, wie er sich gegen die Stirn schlagend über David Wagner äußerte, liegt dank zweier Meisterschaften, eines Pokalsiegs und seiner Unterhalter-Qualitäten über dieser Stadt. Seine BVB-Ära ist eine besondere. Aber, wie Klopp sagte und damit den Abend rund machte: „Es hätte diese Zeit und mich hier nie gegeben, wenn Aki damals, als der Club fast pleite war, nicht richtig gute Entscheidungen getroffen hätte.“

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