Nach der EM ist vor der WM: Spotlights auf Brasilien

São Paulo (dpa) - Jetzt wird's langsam ernst. Nach der EM liegt der Ball im Feld des Rekordweltmeisters Brasilien. In knapp zwei Jahren wird das nächste Fußball-Großereignis am Zuckerhut angepfiffen.

64 Jahre mussten die Brasilianer darauf warten.

„Wie liegen im Plan“, lautet die Mantra von Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo. Nach anfänglichen Irritationen attestiert auch die FIFA dem Gastgeber inzwischen laufend Fortschritte bei den Vorbereitungen. Nur die Seleção und Trainer Mano Menezes müssen noch zulegen, wenn sie 2014 die nationale Mission erfüllen und „Hexacampeão“ (Sechsfach-Weltmeister) werden wollen.

Die Bilanz der brasilianischen Nationalmannschaft ist gemischt. In diesem Jahr gewann sie zwar bereits gegen Bosnien-Herzegowina (2:1), Dänemark (3:1) und die USA (4:1). Aber dem stehen jüngste Niederlage gegen Mexiko (0:2) und Argentinien (3:4) gegenüber. Die Zukunft von Trainer Menezes dürfte sich auch in London entscheiden, wenn Brasilien mit dem Nachwuchsteam nach seinem ersten olympischen Gold greift. Bis zur WM muss der Gastgeber sich ansonsten mit Testspielen vorbereiten und wachhalten. Die Erwartungen sind hoch, ein Aus des fünffachen Weltmeisters vor dem Finale käme einer Tragödie gleich.

Das Trauma des verlorenen Finales gegen Uruguay 1950 bei der ersten WM in Brasilien in Rios Maracanã-Stadion hat sich als „Maracanaço“ tief in die brasilianische Fußball-Seele eingebrannt. Der Fußball-Tempel, in dem die Endspiele des Confed-Cups 2013 und der WM 2014 stattfinden, wird derzeit für horrendes Geld saniert. Die Kosten werden zum Schluss wohl bei einer Milliarde Reais (385 Mio Euo) liegen, obwohl die Summe zuletzt unter 900 Millionen Reais gedeckelt wurde. Das Dach wird komplett erneuert, und das 62 Jahre alte Stadion erhält neue Ränge, Restaurants und VIP-Logen. Viele hätten lieber einen Neubau als ein renoviertes Stadion gesehen.

Die WM wird in zwölf, der Confed-Cup als Testlauf im kommenden Sommer in sechs Spielorten ausgetragen - und anders als selbst bei der Zwei-Länder-EM in Polen und der Ukraine haben die Entfernungen zwischen den einzelnen Spielorten kontinentale Ausmaße. Die Spielstätten São Paulo und Manaus sind 4000 Kilometer und über vier Flugstunden voneinander entfernt. Das Flugzeug als WM-Verkehrsmittel ist unentbehrlich, aber die Hauptflughäfen sind heute schon an ihrer Kapazitätsgrenze. Das Investitionsvolumen für die WM wird auf rund 30 Milliarden Reais (11,5 Mrd Euro) geschätzt. Bis zu 600 000 ausländische Touristen werden erwartet und über drei Millionen Brasilianer zwischen den Spielorten pendeln.

„Wir glauben, dass die Arbeiten fristgerecht fertig werden, das heißt, vor der WM 2014“, resümierte Sportminister Rebelo kürzlich. Er darf sich bis dahin der Aufmerksamkeit der Sportwelt sicher sein. Die FIFA will nach den Olympischen Spielen in London den Takt spürbar erhöhen. „Ab September legen wir richtig los“, sagte FIFA-Sprecher Walter de Gregorio bei einem der vielen FIFA-Stippvisiten beim WM-Gastgeber. Deutschland hat mit seiner Niederlage im EM-Halbfinale nicht nur die Titelchance, sondern auch das Ticket für den Confed-Cup 2013 in Brasilien verspielt.

Die „Eurocopa“ (EM) wurde in Brasilien zwar durchaus mit Interesse verfolgt. Das Fernsehen übertrug die Partien live und Sportzeitungen schafften Platz mit EM-Sonderseiten. Doch in den Bars und Restaurants waren Bier, Caipirinha und Picanha wichtiger als Mario Gomez, Cristiano Ronaldo oder Mario Balotelli. Und auch das Final-Hinspiel der Copa Libertadores zwischen Corinthians (Brasilien) und Boca Juniors (Argentinien) ließ die Emotionen um ein Vielfaches höher schlagen als EM-Semifinals. Erst wenn die Seleção spielt, werden Brasiliens Fans richtig wach. Bis zum WM-Anpfiff sind es noch 713 Tage.

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