Keshis Plädoyer für afrikanische Trainer - Kündigung?

Berlin (dpa) - Es war ein Bild mit Seltenheitswert, das sich den mehr als 80 000 Zuschauern im Soccer City von Johannesburg bot. Big Boss Stephen Keshi wurde nach dem Triumph der nigerianischen Super Eagles beim Afrika-Cup auf Schultern durch das Rund des WM-Finalorts 2010 getragen.

Erstmals seit Yeo Martial beim Sieg der Elfenbeinküste 1992 war es damit wieder einem dunkelhäutigen Trainer vergönnt, den wichtigsten Pokal auf dem afrikanischen Kontinent in den Händen zu halten. Und so war es Keshi nach dem 1:0 im Finale über Burkina Faso ein großes Bedürfnis, ein Plädoyer für afrikanische Trainer zu halten. „Dieser Erfolg ist nicht für mich allein. Ich hoffe, dass mehr afrikanische Trainer diese Position einnehmen und ihr Land glücklich machen dürfen“, sagte Keshi und ergänzte: „Als afrikanischer Trainer hast du keine Zeit. Heute sollst du den Job übernehmen, morgen ein wunderbares Team aufbauen und am nächsten Tag die Weltmeisterschaft gewinnen. Das ist schwierig.“

Er selbst hat offenbar keine Lust mehr. Im südafrikanischen Rundfunk sagte der Coach am Montag, unmittelbar nach dem Triumph vom Vortag seine Kündigung eingereicht zu haben. Vom Verband habe er noch nichts gehört. Teamsprecher Ben Alaiya sagte der Nachrichtenagentur AP, er sei noch nicht offiziell in Kenntnis gesetzt worden. Dass Keshi unzufrieden war, verhehlte er nicht. In der Vorwoche hatte er seinen Unmut über den heimischen Verband geäußert, der sogar gedroht habe, ihn noch während des Turniers zu feuern.

Keshi hat Erfahrung im afrikanischen Fußball. 2006 hatte er Togo zur erstmaligen WM-Qualifikation geführt. Zur Endrunde nach Deutschland reiste der frühere Verteidiger aber nicht. Nach dem schwachen Abschneiden beim Afrika-Cup im Winter wurde Keshi wenige Monate vor dem WM-Beginn durch den damals 68-jährigen Kölner Otto Pfister ersetzt. Den deutschen Fans blieben die Togolesen weniger durch sportliche Großtaten (alle drei Vorrundenspiele gingen verloren) als vielmehr durch die chaotische Vorbereitung mit dem Prämienstreit und dem zwischenzeitlichen Rücktritt von Pfister in Erinnerung.

Und auch in seiner Heimat setzten die Verbandsbosse in der Vergangenheit häufig auf namhafte Trainer aus Europa, auch wenn sie sich noch so wenig mit den afrikanischen Gegebenheiten identifizieren konnten. So waren unter anderem Berti Vogts (2007/08) und der Schwede Lars Lagerbäck (2010) in verantwortlicher Position.

„Ich habe nichts gegen weiße Trainer, weil ich immer mit ihnen zusammengearbeitet habe. Aber mir soll keiner sagen, dass ein mittelmäßiger Trainer aus Europa besser ist als ich. Das werde ich nicht akzeptieren. Wir haben gute Ex-Spieler und Trainer“, erklärte Keshi jüngst, als die Diskussion rund um die oftmals wenig durchdachte Trainerwahl der afrikanischen Nationen aufkochte.

Bei der Endrunde in Südafrika hatten nur 7 der 16 Mannschaften auf einen afrikanischen Trainer gesetzt. Einer davon war der Deutsche Gernot Rohr, der mit der Auswahl des Niger in der Vorrunde ausschied. Beim Topfavoriten Elfenbeinküste war der Franzose Sabri Lamouchi am Werk, nach dem Viertelfinal-Aus ist seine Zukunft mehr als ungewiss.

Und auch Keshi war vor dem Turnier prophezeit worden, dass seine Halbwertszeit als nigerianischer Nationaltrainer überschaubar sein würde. Der 64-malige Auswahlspieler war schwer in die Kritik gerückt, nachdem er auf eine Nominierung der Europa-Legionäre wie Obafemi Martins (UD Levante), Peter Odemwingie (West Bromwich Albion) oder Taye Taiwo (AC Mailand) verzichtet und stattdessen auf unerfahrene Kräfte gesetzt hatte.

Der Erfolg gibt Keshi recht. Und so ist der 51-Jährige erst der Zweite nach dem Ägypter Mahmoud el-Gohary, der als Spieler und Trainer den Afrika-Cup gewann. Keshi schien eigentlich viel vorzuhaben. „Es steckt großes Potenzial in der Mannschaft. Ich hoffe, dass die Entwicklung weitergeht.“ Schließlich möchte sich Keshi auch mal auf der ganz großen Fußballbühne als Trainer präsentieren. Nächste Bewährungsprobe wäre der Confederations Cup in Brasilien in diesem Sommer gewesen.

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