Indien, China, Angola: Altstars suchen neue Märkte

Berlin (dpa) - In der globalisierten Fußball-Welt fallen für Altstars alle Grenzen. Besserten sich die Helden vergangener Zeiten wie Romario ihre Rente zuletzt meist mit Petro-Dollars am Persischen Golf auf, locken für den lukrativen Ausklang der Karriere inzwischen noch exotischere Märkte.

Den früheren Weltfußballer Rivaldo zieht es nach Angola, in China soll Frankreichs Nicolas Anelka nur der erste Transfer mit großem Namen sein und Indien kauft seine Attraktionen gleich im Sechserpack.

„Ich bin zurück auf dem Feld - mit dem indischen Fußballverband, in Westbengalen“, verkündete der 38 Jahre alte Fabio Cannavaro seinen Wechsel jüngst selbst ein wenig überrascht. Eigentlich hatte der Italiener seine Laufbahn nach einem Kurz-Engagement in Dubai vergangenen Sommer beendet. Doch die Aussicht auf eine halbe Million Euro für sechs Wochen Arbeit in der Ende Februar beginnenden Premier League Soccer reizt nicht nur den Weltmeister von 2006.

Neben Cannavaro wissen aber auch Jay-Jay Okocha (38/Nigeria), Robbie Fowler (36/England), Fernando Morientes (35/Spanien), Hernan Crespo (36/Argentinien) und Robert Pires (38/Frankreich) noch gar nicht, für welchen Club sie auflaufen werden. „Wir haben Ikonen für eine Auktion verpflichtet und jedes der sechs Teams wird einen Spieler mit der Gehaltsobergrenze von 600 000 US-Dollar haben“, erklärt Bhaswar Goswami von der organisierenden Celebrity Management Group das Geschäftsmodell.

Dass ihn nicht gerade die sportliche Perspektive vom Wechsel auf den cricketverrückten Subkontinent in Südasien überzeugt hat, gibt Pires unumwunden zu. „Da ich nichts in Europa hatte, warum sollte ich nicht etwas komplett Unbekanntes probieren“, meinte der Welt- und Europameister. Sollte ihn sein Club-Präsident „mögen“, könne er bis zu 790 000 Euros verdienen. „Das ist jede Menge Geld. Aber ich gehe dort nicht als Tourist hin. Es ist ein neues Abenteuer.“

Vom Spitzen-Vereinsfußball bislang gänzlich unberührtes Territorium betritt auch Rivaldo. Im Alter von 39 Jahren unterschrieb der Weltmeister von 2002 einen Einjahresvertrag beim angolanischen Club Kabuscorp. „Ich hatte auch Angebote aus Brasilien und Indien, die finanziell lukrativer waren, aber ich wählte Angola wegen der Sprache und weil Gott mich hierher gebracht hat“, begründete der Brasilianer sein Engagement.

Er habe vor fünf Monaten Grundbesitz in dem südwestafrikanischen Land erworben, um eine Kirche zu eröffnen. Nicht das erste Kuriosum seiner Karriere: Von 2008 bis 2010 sollte der Profi vom FC Barcelona und AC Mailand bei Bunjodkor Taschkent insgesamt mehr als zehn Millionen Euro kassieren - klagte aber über ausgebliebene Gehälter.

Der usbekische Club hatte in seiner Blüte noch vergeblich versucht, den Kameruner Samuel Eto'o zu verpflichten. Inzwischen lässt sich der 30-Jährige seine Auftritte für den russischen Verein Anschi Machatschkala vom windigen Oligarchen Sulejman Kerimow mit einer zweistelligen Millionensumme pro Jahr versüßen.

„Ich will bei Anschi bis zu meinem Karriereende spielen“, verkündete der viermalige Fußballer des Jahres in Afrika kürzlich. Das gelte wohl so lange, spottete daraufhin die englische Fußballzeitung „World Soccer“, bis ein besseres Angebot aus einer noch reizvolleren Gegend wie zum Beispiel der Äußeren Mongolei käme.

Vorstellbar ist inzwischen alles. China kommt da fast schon als klassisches Paradies für Frührentner daher. Nach den ersten zarten Versuchen Mitte der 2000er mit Verpflichtungen von Paul Gascoigne oder Carsten Jancker soll nun der große Durchbruch dank dicker Scheckbücher gelingen. Bei Shanghai Shenhua soll das 32 Jahre alte Enfant terrible Anelka rund 234 000 Euro pro Woche erhalten - und der Kaufrausch hat gerade erst angefangen. Auf seiner Internetseite fragt der Club neben den Fotos von Anelka und Neu-Trainer Jean Tigana, Europameister von 1984, ganz unverhohlen: „Who is the next?“.

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