Alternde Stars sollen Indern Fußball beibringen

Mumbai (dpa) - In der Bundesliga gehörte der 35-jährige Manuel Friedrich zuletzt zum alten Eisen. Ab Sonntag kickt er in der neuen indischen Liga gegen zahlreiche Alt-Stars aus aller Welt, die noch mehr Jahre auf dem Buckel haben als er.

Alternde Stars sollen Indern Fußball beibringen
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Neben dem Spanier Luis García (36) laufen auch der Schwede Frederik Ljungberg (37) und der italienische Weltmeister Alessandro Del Piero (39) auf, daneben spielen die Franzosen David Trezeguet (37) und Robert Pires (40).

Die einstigen Stars sollen den indischen Fußball auf Vordermann bringen. Sie müssen viel Entwicklungsarbeit leisten - derzeit steht Indien auf Platz 158 der FIFA-Weltrangliste, und hat noch nie bei einer Weltmeisterschaft mitgespielt. Indien ist vielmehr ein Land der Kricket-Verrückten, wo nur wenige Menschen etwas mit einem großen Ball anzufangen wissen. „In Deutschland findet man an jeder Ecke einen Bolzplatz und sieht Jungs mit einem Fußball rumrennen, hier sieht man die Jungs überall mit Kricketschlägern“, sagte Friedrich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Das soll die gegründete Indian Super League ändern, eine nur zwei Monate lange Turnierliga mit acht Vereinen. Getragen wird sie von indischen und US-amerikanischen TV-, Unterhaltungs- und Vermarktungsriesen. Auch die Glitzerwelt Bollywoods und sogar Kricket-Legende Sachin Tendulkar sind als Vereinsbesitzer und Unterstützer mit dabei. „Die Menschen sind schockiert, dass ein Land mit 1,2 Milliarden Menschen keine elf guten Fußballer auf den Platz stellen kann“, sagte etwa Schauspieler Abhishek Bachchan.

Es sei auch einiges an Geld und Hilfe nötig, meint Friedrich, der als einziger Deutscher aufläuft. Denn bislang entsprächen die Einrichtungen und die Infrastruktur keineswegs internationalen Standards. „Trotz alledem gibt man sich viel Mühe und versucht mit Hilfe des Turniers, die Entwicklung voranzutreiben und dem Sport mehr Aufmerksamkeit zu schenken“, sagte der Innenverteidiger. Einige der indischen Vereine haben sich schon europäische Clubs als Partner gesucht, etwa Atlético Madrid und den AC Florenz.

Indien könnte ein gigantischer Zukunftsmarkt sein - oder mal wieder hinausgeschmissenes Geld. Ähnliche Versuche, Hockey und Badminton zu Milliardenmärkten auszubauen, kämpfen erfolglos gegen mangelndes Zuschauerinteresse. Die Stadien und Hallen in diesen Ligen blieben bald genauso leer wie die Ränge beim jüngsten Projekt, als die Formel 1 in Indien etabliert werden sollte.

Der indische Fußball-Kommentator Novy Kapadia meint, es sei grundsätzlich eine hervorragende Idee, indische Talente mit erfahrenen Spielern zusammenzubringen. „Aber die internationalen Fußballer und Trainer sind nur für zweieinhalb Monate hier, und es ist völlig offen, was das langfristig bringt“, sagt er. Eigentlich hätten sich die Sponsoren für fünf Jahre verpflichtet, doch wisse niemand, ob sie das durchhalten werden.

Noch aber ertönt Anfangseuphorie. „Es ist ein Traum, mit Manuel zu spielen, und mit Nicolas Anelka und Freddie Ljungberg zu quatschen“, sagt etwa der frühere indische Nationalspieler Abhishek Yadav. Auch unter Nicht-Sportlern sei die Begeisterung riesig, meint er. „Menschen, die sich nie für Fußball interessiert haben, rufen mich jetzt an und fragen: Können wir Tickets bekommen?“ Noch gibt es genügend: Der erste Anstoß ist am Sonntag im Salt-Lake-Stadium in Kolkata, das 120 000 Menschen Platz bietet.

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