Frontalangriff aufs IOC: Blatter sucht Konflikt

Hamburg (dpa) - Joseph Blatters Frontalangriff auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat einen Konflikt zwischen den beiden bedeutendsten Organisationen des Weltsports ausgelöst.

Mit seiner Absichtserklärung, die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar im Winter und damit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Olympischen Winterspielen des Jahres ausrichten zu wollen, fordert der Präsident des Weltverbandes FIFA das IOC und dessen Chef Jacques Rogge heraus und verstößt massiv gegen deren Geschäftsinteressen.

Mit seiner Kritik am IOC hat Blatter zusätzlich Öl ins Feuer gegossen und dessen Olympische Charta missachtet. Als persönliches Mitglied des IOC seit 1999 ist er verpflichtet, die Interessen der olympischen Organisation „unter allen Umständen zu verteidigen“.

Blatter hatte in Katars Hauptstadt das IOC als „einen Club“ bezeichnet, der „keine Transparenz hat. Das IOC macht es wie eine Hausfrau. Sie erhält etwas Geld und gibt etwas Geld aus“. Falls jemand wissen wolle, wo es in der Welt noch Prinzen, Prinzessinnen und Könige gebe, „der soll sich die Liste des IOC ansehen. Er wird dort eine ganze Menge finden“.

Gleichzeitig rühmte der umstrittene 74 Jahre alte Schweizer die Transparenz in seinem eigenen Verband: „Unsere Geschäftsbücher sind für jedermann offen.“ Wer darin freilich die Entlohnung für den hauptamtlichen FIFA-Präsidenten sucht, der sucht vergeblich. Die Spekulationen um Blatters Jahreszahlungen reichen bis zu zwei Millionen Schweizer Franken.

Offiziell reagierte das IOC am Wochenende zurückhaltend und ließ lediglich verlauten: „Die IOC-Finanzen sind gesund, professionell gemanagt und transparent.“ Seit 1998 erhielten die IOC-Mitglieder - einschließlich Blatter - einen detaillierten Prüfbericht, öffentlich werde über die Finanzen alle zwei Jahre eingehend berichtet.

Tatsächlich jedoch ist die Verärgerung in der olympischen Spitze groß. Sie sieht in Blatters Einlassung den Versuch einer Vorwärtsverteidigung zulasten des IOC. Die Ankündigung des FIFA- Präsidenten („Ich erwarte, dass die WM im Winter ausgetragen wird“) und nicht wie bei der Vergabe festgelegt im heißen arabischen Sommer wird als große Herausforderung betrachtet. Ein Olympier sprach sogar von einer „Kriegserklärung“.

Dabei geht es um Milliarden. Das IOC hat seine Winterspiele seit der Herauslösung aus dem olympischen Vier-Jahres-Rhythmus zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell entwickelt, durch die zeitliche Nähe zu einer Fußball-WM würde es großen Schaden nehmen. Auf den weltweiten Fernsehmärkten ließen sich die Rechte an den Winterspielen viel schlechter verkaufen als die WM-Ware im Fußball.

Bisher ist das IOC umsatzstärker als die FIFA. Die olympische Organisation wird aus den Winterspielen 2010 in Vancouver und den Sommerspielen 2012 in London mehr als sechs Milliarden Dollar (4,6 Milliarden Euro) erlösen, 10 Prozent davon behält sie für ihren Haushalt über vier Jahre. Die FIFA verkaufte ihre Rechte an der WM 2010 in Südafrika, der einzigen wesentlichen Einnahmequelle über vier Jahre, für nahezu vier Milliarden Dollar und spricht davon, dass 73 Prozent davon „zurück in den Fußball fließen“.

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