Rehhagels letzte Mission im Chaos gescheitert

Düsseldorf (dpa) - Er kam aus der Fußball-Rente und sollte die „alte Dame“ Hertha BSC wieder flott bekommen. Doch nach dem Scheitern seiner waghalsigen Mission dürfte für Otto Rehhagel als Trainer nach 40 Jahren auf der Bank endgültig der letzte Vorhang gefallen sein.

Sein Verein steht jetzt vor einem Scherbenhaufen, die Zukunft ist ungewisser denn je. Der 73 Jahre alte Fußball-Lehrer ließ sich nach dem skandalösen Relegationsrückspiel bei Fortuna Düsseldorf noch ein kleines Hintertürchen offen. „Wenn man zwei solch dramatische Spiele miterlebt hat, muss man sich erst selbst runterfahren. Da brauche ich noch ein paar Tage dazu. Dann werde ich in mich gehen und sehen, was die Zukunft bringt. Aber meine Zeit hier in Berlin war von Anfang an nur bis zum Saisonende angelegt.“

Das 2:2 in der Esprit-Arena besiegelte nach der 1:2-Niederlage fünf Tage zuvor - rein sportlich gesehen - den sechsten Abstieg der Hertha aus der Bundesliga. Ob es dabei bleibt, muss nun womöglich die Gerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) entscheiden, sollte Hertha Einspruch gegen die Wertung des Spiels einlegen. Eine Entscheidung darüber war bis Mittwochmittag noch nicht gefallen.

„Es ist unsere Verantwortung, darüber nachzudenken. Das sind wir auch unseren Fans schuldig“, hatte Manager Michael Preetz zu mitternächtlicher Stunde nach der Partie erklärt, die wegen des Werfens von Feuerwerkskörpern und Zünden von Bengalos mehrfach vor dem Abbruch stand und insgesamt dreimal unterbrochen wurde.

Rund eine Minute vor Ende der Nachspielzeit stürmten Hunderte Fans auf den Rasen. Letztlich gelang es dem umsichtigen Schiedsrichter Wolfgang Stark doch noch, die Partie mit Hilfe der Polizei und den Ordnungskräften zu Ende zu bringen.

Er habe schon viel erlebt, aber solch ein Chaos war selbst für einen „alten Hasen“ mit mehr als 1000 Partien als Spieler und Coach Neuland: „Die Begleitumstände sind natürlich eine Katastrophe“, gestand Rehhagel. Er kritisierte, dass sich die Zuschauer immer mehr „das Recht herausnehmen, auf das Spiel einzuwirken“.

Als Trainer sei man hilf- und machtlos, „wenn da Hunderte oder Tausende kommen“, sagte der Essener, der sich zu seinem Karriereende einen würdigeren Rahmen gewünscht hätte. „Natürlich bin ich enttäuscht. Wir sind alle Sportler und wollen, dass das Spiel fair zu Ende geht und dass die Leute ihre Freude haben.“

Nach der gescheiterten Rettungsmission fällt Berlin nun in die Peinlichkeit zurück, einzige Hauptstadt Europas ohne Erstliga-Verein zu sein. Und ob die Bundesliga-Rückkehr wie nach dem Abstieg vor zwei Jahren erneut auf Anhieb gelingt, scheint mehr als fraglich. Obwohl Hauptsponsor Deutsche Bahn sein Engagement auch in Liga zwei aufrechterhält, muss Hertha nun sparen. Der Mannschaft droht der Ausverkauf.

Die finanziellen Möglichkeiten zum Wiederaufstieg seien nicht vorhanden, deutete der stellvertretende Aufsichtsratschef Andreas Schmidt die prekäre Situation schon an. Statt 25 Millionen stehen dem von 37,5 Millionen Schulden gedrückten Verein künftig nur noch etwa zehn Millionen Euro für das Personal zur Verfügung.

Damit gilt als sicher, dass vor allem die teuren Südamerikaner Raffael, Ronny und Adrian Ramos nicht zu halten sein werden. Ein Neuaufbau um den neuen Anführer Thomas Kraft und Peter Niemeyer ist die Herkulesaufgabe des Managers, der nach dem Willen von Präsident Werner Gegenbauer weiter unbedingt Michael Preetz heißen soll.

Doch von Vizepräsident Jörg Thomas und einigen weiteren Mitgliedern des Präsidiums, vor allem aber den Fans, weht Preetz nach dem zweiten Abstieg unter seiner Regie heftiger Gegenwind ins Gesicht. Preetz klebt aber weiter an seinem Job: „Ich bin gewillt, weiterzumachen.“ Von Gegenbauer erhält er Rückendeckung: „Für mich ist es völlig unbestritten, dass er in seiner Position bleibt.“

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