Mit den Ohren die Fortuna-Spiele sehen
„Freistoß für die Fortuna. Rösler legt sich den Ball zurecht, er steht 35 Meter zentral vor dem Tor. Brückner vom SC Paderborn schaut sich nach Spielern um, die mit ihm eine Mauer bilden wollen. Rösler schießt — und der Ball landet mitten in der Paderborner Abwehr. Jetzt läuft der Konter.“ - Die Spiele des Zweitligisten werden jetzt für Sehbehinderte live im Stadion kommentiert.
Düsseldorf. Andrej Myrokis lässt das Spielfeld keine Sekunde aus den Augen. Sein Blick haftet wie angeklebt auf dem runden Leder, das sich gerade auf direktem Weg zurück in den Strafraum von Fortuna Düsseldorf befindet. Nichts darf ihm entgehen, während er sich bemüht, den Verlauf der Zweitliga-Partie gegen den SC Paderborn mit Worten nachzuzeichnen. Denn heute wird seine Stimme für vier Fortuna-Fans zu den Augen, die sie selbst im Stich gelassen haben.
Zum ersten Mal kommentiert Myrokis gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Breuers ein Fortuna-Spiel für sehbehinderte Zuschauer. Sie sitzen zu zweit auf Platz elf und zwölf in Block eins, um sich abwechseln zu können, falls die Konzentration doch einmal nachlässt. „Man muss permanent auf Ballhöhe sein und die Partie detailliert beschreiben können“, sagt Myrokis. „Außerdem darf man sich nicht auf das Spielgeschehen beschränken, sondern sollte auch die Aktion auf den Rängen im Blick haben.“
Wenn die ersten Zuschauer in den Gästeblöcken zum Beispiel anfangen, sich die T-Shirts über den Kopf zu ziehen, ist dies für Breuers und Myrokis ebenso nennenswert wie eine Flanke von Fortuna-Verteidiger van den Bergh. „Knapp 200 Ostwestfalen sind heute zu Besuch, und einige entledigen sich bei den frühlingshaften Temperaturen schon ihrer Oberbekleidung“, spricht Breuers kurz vor Ende der ersten Halbzeit in sein Mikrofon. Und seiner Stimme ist ganz deutlich anzuhören, dass er bei diesen Worten ein breites Grinsen im Gesicht trägt.