Interview Pfannenstiel: Nummer 2 zu sein, gibt’s für mich nicht

Düsseldorf · Fortuna Düsseldorfs Sportmanager Lutz Pfannenstiel hat schon einiges erlebt in seiner Karriere. Der Weltenbummler hat viel mitgenommen von den fünf Kontinenten. Die Erfahrungen kommen seiner Arbeit jetzt zu Gute.

 Lutz Pfannenstiel ist kein Sportmanager von der Stange. Seine internationales Netzwerk und seine Auslands- Erfahrung helfen der Fortuna sehr.

Lutz Pfannenstiel ist kein Sportmanager von der Stange. Seine internationales Netzwerk und seine Auslands- Erfahrung helfen der Fortuna sehr.

Foto: picture alliance/dpa/Federico Gambarini

Lutz Pfannenstiel wird von den Fans und seinen Kollegen nach sportlichem Erfolg beurteilt. Der Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf hat in seiner Karriere weltweit sehr viel erlebt. Vieles davon kann er für seine aktuelle Arbeit nutzten. In unserem zweiteiligen Interview versuchen wir aber auch mit Teilen seiner Lebensgeschichte den Menschen Lutz Pfannenstiel und seine vielen Facetten vorzustellen.

Herr Pfannenstiel, warum haben Sie sich vor Ihrer Tätigkeit in Hoffenheim entschieden, sesshafter zu werden?

Lutz Pfannenstiel: Das hatte ich eigentlich nicht. Es war mehr die Grundsatzfrage, ob ich Nationaltrainer in Afrika bleibe und die Karriere fortsetze wie Gernot Rohr oder Alain Giresse, die auf diesem Kontinent über Jahre weg rotieren. Dann wäre ich vielleicht jetzt Trainer von Kamerun. Oder gehe ich nach Deutschland zurück, wo ich ununterbrochen 20 Jahre lang nicht war. Der Anruf aus Hoffenheim kam  und die Aufgabe hat mich interessiert. Ich wollte in der Bundesliga arbeiten und meiner Familie die Möglichkeit geben etwas mehr als ein paar Tage im Jahr in Deutschland zu verbringen. Letztendlich war es dann eine Bauchentscheidung.

Wie sehr hat die Familie die Entscheidung beeinflusst?

Pfannenstiel:  Meine Familie stand immer hinter meinen Entscheidungen.

Hoffenheim hat gut gepasst?

Pfannenstiel: Ich habe acht Jahre dort verbracht. Ich habe in Hoffenheim viel gelernt und viel erlebt.  Ich hatte damals ein gutes Gefühl dabei.

Ganz zurück an den Anfang der Karriere. Warum haben Sie überhaupt den Schritt ins Ausland gewagt?

Pfannenstiel: Das war eine Mischung aus Sturheit und klarer Linie. Im Alter von 17 und 18 war ich Nationaltorhüter in meinem Jahrgang und hatte ein sehr gesundes Selbstbewusstsein aufgebaut. Und die Jugendliga hat mich unterfordert. Ich habe  einige Angebote bekommen. Auch die Bayern, Bochum und Nürnberg waren dabei. Alles lief auf den sogenannten Vertragsamateur hinaus. Und ich habe nur das Wort ,Amateur’ gelesen, wollte aber Profi und irgendwo die Nummer 1 werden. Damals gab es keine 3. Liga oder Regionalliga. Ich war niederbayerisch stur und habe gesagt, das erste Profi-Angebot nehme ich an, egal wo.

Und das kam dann direkt aus Asien?

Pfannenstiel: Als ich mit Bochum verhandelt habe, wo damals Zumdick und Wessels auf der Torhüterposition standen, fragte mich ein Berater aus Berlin, ob ich auch nach Schottland gehen würde. Das hat nicht funktioniert, aber er kam dann mit einem Angebot aus Malaysia. Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zukommt, aber dann war es besser, vor  50 000 Zuschauern zu spielen, als vor 1000 in der Bayernliga.

Was haben Sie mitgenommen?

Pfannenstiel: Das wurde damals für Familie und Freunde zum running gag, was der Pfannenstiel in seinen beiden Sporttaschen hat. Das war so ein elektrischer Rasierer, zwei, drei Sonnenbrillen, eine elektrische Zahnbürste und ein Bauchtrainer. Der Rest waren Fußball-Klamotten. Und ich habe noch meinen Spezi mitgenommen, der  dort mein Torwarttrainer war. Nach drei Wochen habe ich gemerkt, dass ich mich in der Liga sehr leicht tue, weil ich mit meiner Größe jeden hohen Ball runterpflücken konnte.

Aber es ging dann schnell nach England?

Pfannenstiel: Wir haben damals einige Test- oder Freundschaftsspiele gegen englische Mannschaften absolviert. Ich bekam viel auf die Kiste und konnte mich auszeichnen. Dann fragten die Briten mich, ob ich nicht in der Premier League spielen möchte und zum FC Wimbledon komme. Das habe ich gemacht, hatte aber das Problem, dass ich genau das vorgefunden habe, was ich in Deutschland ausgeschlossen hatte. Wimbledon verfügte über zwei Torhüter, und ich habe dann Dienstagabend in der Reserverunde gespielt. Das war brutaler Fußball. Meine Truppe mit Typen wie Vinnie Jones lebte von großen kopfballstarken Spielern, langen Bällen und abends ging es dann in die Pubs. Das Problem daran war: Ich trinke keinen Alkohol. Ich bin in einer Nacht- und Nebel-Aktion an Heiligabend dann zu Nottingham Forest gewechselt. Aber dort kam ich nicht mit dem Trainer klar. Das lag wohl offensichtlich auch an meiner Frisur. Nachdem ich bei einer Feier seine Frau gefragt habe, ob ihr Mann zum Lachen in den Keller gehe, hat er mir dann erklärt, dass ich kein Spiel für Forest machen würde, solange er dort Trainer sei. Dann wurde ich unter anderem nach Südafrika ausgeliehen und meine Weltreise hatte begonnen.

Hat es Ihnen denn gereicht, zum Beispiel in Finnland zu spielen?

Pfannenstiel: Ich war dort  die klare Nummer 1 und gewann Titel. Ich habe gemerkt, dass es vielleicht nicht für die Premier League reicht. Als Nummer zwei hätte ich auch in der Bundesliga spielen können. Aber Nummer zwei gibt es für mich nicht. Entweder bin ich die Nummer eins oder ich lasse es bleiben. Ich war ein Reisender zwischen den Topligen und den schwächeren Ligen der Fußballwelt. Im Alter von 18 und 20 hatte ich ganz offensichtlich einen Entwicklungsstopp, und das hat mich davon abgehalten, ganz hoch zu spielen. Das habe ich aber erst im Nachhinein im Alter von Mitte 30 dann realisiert.

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